Nach längerer Vorbereitung hat die Delegiertenversammlung in ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause die Neueinführung der Zusatz-Weiterbildungen "Klinische Notfall- und Akutmedizin", "Krankenhaushygiene" und "Spezielle Viszeralchirurgie" beschlossen. Mit großer Mehrheit sprach sich das Ärzteparlament für den 10. Nachtrag zur Weiterbildungsordnung aus, durch den eine Änderung des Weiterbildungsgesetzes umgesetzt wird und der zudem die drei neuen Zusatz-Weiterbildungen beinhaltet. Der 10. Nachtrag muss im nächsten Schritt von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales genehmigt werden.
Von Sascha Rudat
Dem Beschluss vorausgegangen waren intensive Diskussionen der Delegierten. Insbesondere die Hausärzte standen der Einführung der Zusatz-Weiterbildung im Bereich der Notfallmedizin sehr kritisch gegenüber. Hans-Peter Hoffert erklärte, dass aus seiner Sicht die Diskussion in den Weiterbildungsgremien der Kammer noch nicht abgeschlossen sei und weiter geführt werden müsse. Er sprach sich deshalb dafür aus, die Einführung dieser Zusatz-Weiterbildung aus dem 10. Nachtrag herauszunehmen. Dem widersprach Dietrich Bodenstein (Allianz), Vorsitzender des Gemeinsamen Weiterbildungsausschusses, vehement. Alle Weiterbildungsausschüsse seien umfassend über die Arbeit des Arbeitskreises "Interdisziplinäre Notaufnahmen und Notfallmedizin", den Vorstandsmitglied Werner Wyrwich (Marburger Bund) leitet, informiert worden. Während Wolfgang Kreischer (Hausärzte) sich als Verbandsvorsitzender (BDA) nicht ausreichend eingebunden fühlte, erklärte Matthias David (Marburger Bund), dass der Kompromiss einer Zusatz-Weiterbildung an Stelle einer eigenen Facharztkompetenz ein sehr guter sei. Nachdem alle Argumente ausgetauscht waren, stimmten die Delegierten zunächst über die von Hoffert beantragte Vorstandsüberweisung ab. Diese wurde mehrheitlich abgelehnt, so dass die Delegierten im Anschluss über den gesamten Nachtrag abstimmten. Dieser wurde bei einer Gegenstimme angenommen.
Mit der Einführung der Zusatzbezeichnung "Krankenhaushygiene" wird auf die veränderte Infektionslage in Deutschland und die Änderung des Infektionsschutzgesetzes reagiert. Sie beinhaltet die Prävention, Erfassung und Bewertung von nosokomialen Infektionen und multiresistenter Erreger sowie die Durchführung und Koordination von Maßnahmen zur Prävention und fortlaufender Kontrolle in medizinischen Einrichtungen. Mit der Einführung der Zusatz-Weiterbildung "Spezielle Viszeralchirurgie" wurde eine Anpassung an die Muster-Weiterbildungsordnung beschlossen.
Umstrittene QS in der Reproduktionsmedizin
Für reichlich Diskussionsstoff sorgte die geplante Umsetzung des bundeseinheitlichen Qualitätssicherungsverfahrens in der Reproduktionsmedizin (QS ReproMed) der Ärztekammern. Reproduktionsmedizinische Einrichtungen sind nach § 135a Absatz 2 Nr. 1 SGB V dazu verpflichtet, sich an einrichtungsübergreifenden vergleichenden Maßnahmen zur Qualitätssicherung zu beteiligen. Da jedoch bis heute keine Richtlinien zu einrichtungsübergreifenden Maßnahmen zur Qualitätssicherung vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erlassen worden sind, gilt weiterhin die Übergangsregelung, wonach bis zum In-Kraft-Treten der Richtlinien des G-BA die Ärzte als Voraussetzung zur Erbringung der entsprechenden Leistungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) verpflichtet sind, an den bestehenden berufsrechtlichen Maßnahmen der Ärztekammern zur Qualitätssicherung gemäß Punkt 5.4.1 der "Muster-Richtlinien zur Durchführung der assistierten Reproduktion" der Bundesärztekammer von 1998 teilzunehmen.
Dieses stützte sich bis Anfang 2014 auf das seit langem existierende QS-Verfahren gemäß der Muster-Richtlinien der Bundesärztekammer in Zusammenarbeit mit dem Deutschen IVF-Registers (DIR). Die Landesärztekammern und die Bundesärztekammer streben aufgrund einer Änderung des Statuts des DIR jedoch eine autonome Gestaltung der Qualitätssicherung im Bereich der Reproduktionsmedizin an. Die Beteiligung der IVF-Ärzte am QSReproMed soll dabei verpflichtend sein. Außerdem sollen Behandlungsdaten der Berliner Reproduktionsmedizinischen Einrichtungen, die in der Vergangenheit auf freiwilliger Basis an das Deutsche IVF-Register (DIR) geliefert wurden, nun verpflichtend über die Ärztekammer Berlin an die Ärztekammer Schleswig-Holstein zur Erstellung von QS-Statistiken als Grundlage für Qualitätssicherungsmaßnahmen der ÄKB mit den Berliner Reproduktionsmedizinischen Einrichtungen geschickt werden. Dort war bis Ende 2012 die datenannehmende Stelle des DIR angesiedelt. Insbesondere diese Datenübermittelung stieß auf heftige Kritik einiger Delegierter. Antje Blankau (Fraktion Gesundheit) warnte vor bürokratischen Aufblähungen. Ähnlich sah es Burkhard Bratzke (Allianz): "Hier wird ein Kontrollgremium geschaffen, das man nicht braucht. Das geht mir zu weit." Reproduktionsmediziner Matthias Bloechle nannte die geplante Einführung des QSReproMed einen "ausgeprägten Paradigmenwechsel". Die G-BA-Richtlinie schließe lediglich die gesetzlich versicherten Patienten, die QS-MaßnahmeReproMed zusätzlich auch die privat versicherten Patienten ein. Kammerjuristin Martina Jaklin erläuterte, dass das Sozialgesetzbuch V eine einrichtungsübergreifende Qualitätssicherung vorschreibe. An dieser Stelle sprängen die Ärztekammern ein, sonst übernehme dies der G-BA. Henning Schaefer, Leiter der Abteilung Fortbildung/Qualitätssicherung, betonte, dass keine neuen QS-Daten erhoben würden sondern QSReproMed lediglich einen Teildatensatz des Deutsche IVF-Registers nutzt und somit keine zusätzliche Dokumentation erforderlich ist. Außerdem hätten bereits 15 der 17 Landesärztekammern die QSReproMed umgesetzt.
Kammerpräsident Günther Jonitz (Marburger Bund) erklärte abschließend: "Es wird deutlich, dass das Thema nicht ausreichend gebahnt ist." Die Beschlussvorlage wurde daher vom Vorstand zurückgezogen und soll nach weiteren Beratungen in der September-DV erneut vorgelegt werden.
Damit mussten auch Teile des ebenfalls zur Abstimmung vorgelegten 12. Nachtrags der Gebührenordnung der ÄKB ausgeklammert werden. Dieser sah auch Gebührentatbestände für das QSReproMed vor. Der 12. Nachtrag hatte zudem zusätzliche Gebühren für Anträge auf die Anerkennung von Fortbildungsveranstaltungen, die weniger als zwei Wochen vor Beginn der Veranstaltung gestellt werden, zum Inhalt. Dadurch soll der in der Kammer durch den "Last-Minute-Service" anfallende Mehraufwand abgedeckt werden.
Heißes Eisen "Ärztliche Tätigkeit"
Völlig diskussionsfrei waren hingegen drei Drucksachen, die alle eine Angleichung des Begriffs "Ärztliche Tätigkeit" an die durch die Verwaltungsgerichte bestätigte Auslegungzum Inhalt hatten. Kernaussage in den Drucksachen war dabei die seit jeher von der Ärztekammer vertretene Auffassung: "Ärztliche Berufsausübung ist jede Tätigkeit, bei der ärztliche Fachkenntnisse angewendet und mitverwendet werden." Hintergrund ist der Versuch der Deutschen Rentenversicherung, die Definition der ärztlichen Tätigkeit sehr eng zu fassen, um möglichst vielen Ärztinnen und Ärzte die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht verweigern zu können (s. dazu BERLINER ÄRZTE 5/2014, S. 3 und S. 21). So hatten die Delegierten jeweils über den 2. Nachtrag zur Hauptsatzung, zur Meldeordnung und zur Berufsordnung zu entscheiden. Alle drei Änderungen wurden einstimmig beschlossen.
Abschließend verabschiedete das Ärzteparlament einstimmig den Tätigkeitsbericht 2013 der Kammer.
Die nächste Delegiertenversammlung findet am 17. September 2014 um 20 in der Ärztekammer Berlin statt.