Ärztekammer Berlin kritisiert geplante Novelle des Psychotherapeutengesetzes

Pressemitteilung

Delegiertenversammlung: Frisch approbierte Studienabgänger in der Patientenversorgung führen zu einer deutlichen Verschlechterung der psychotherapeutischen Behandlung

Die Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin kritisiert die geplante Novelle des Psychotherapeutengesetzes deutlich. Mit der Novelle plant das Bundesgesundheits-ministerium einen Studiengang einzuführen, der direkt zur Approbation als Psychotherapeut führen soll – ohne vorherige Ausbildung in einem wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren. Die Absolventen hätten damit direkt nach dem Studium Zugang zur Patientenversorgung. Sie sollen darüber hinaus künftig für den gesamten psychosozialen und kommunikativen Bereich zuständig sein, der bisher zu den ärztlichen – insbesondere den hausärztlichen – Kernkompetenzen zählt.
„Diese weitere Aufsplitterung der somatischen und psychischen Behandlungskompetenz widerspricht der adäquaten und umfassenden Patientenversorgung und muss deshalb von allen Ärztinnen und Ärzten im Sinne einer ganzheitlichen Versorgung kranker Menschen in aller Deutlichkeit abgelehnt werden“, betont der Präsident der Ärztekammer Berlin, Dr. med. Günther Jonitz.
Die drohende Ausgrenzung der Ärzteschaft aus der Psychotherapie und die Monopolisierung des Begriffs des „Psychotherapeuten“ durch psychologische Psychotherapeuten widersprechen nach Ansicht der Delegierten elementar den Bedürfnissen einer ganzheitlichen Patientenversorgung und der Realität der psychotherapeutischen Versorgung. Diese wird überwiegend und erfolgreich von psychotherapeutisch qualifizierten Ärztinnen und Ärzten durchgeführt. Eine rein ordnungspolitisch gewollte Neuordnung darf nicht zur Ausgrenzung anderer Qualifizierungsformen, insbesondere der doppelt-qualifizierten ärztlichen Psychotherapeuten, und nicht zu Lasten der Qualität und Sicherheit der psychotherapeutischen Behandlung führen.
Hintergrund
Im einstimmig bei einigen Enthaltungen gefassten Beschluss der Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin vom 6. April 2016 heißt es zur Begründung für die Ablehnung der Gesetzesnovelle weiter:
„Das ärztliche Gespräch ist unverzichtbarer Bestandteil der medizinischen – insbesondere der hausärztlichen – Grundversorgung. Notwendige Voraussetzung dafür ist eine umfassende medizinische Ausbildung und Erfahrung. Die Auslagerung der kommunikativen Kompetenz in einen anderen, neu geschaffenen Gesundheitsberuf widerspricht dem Anspruch der Patienten auf eine umfassende Behandlung.
Die für eine psychotherapeutische Behandlung notwendige Erfahrung kann von einem frisch approbierten Studienabgänger nicht aufgebracht werden und würde zu einer dramatischen Verschlechterung der psychotherapeutischen Patientenversorgung führen.
Auf das Gesundheitssystem kämen durch diesen neugeschaffenen Beruf unkalkulierbare Mehrkosten auch durch nötige Aufrüstung der psychologischen Lehrstühle zu.
Durch die Schaffung eines für den psychosozialen Bereich zuständigen psychologischen-psychotherapeutischen Generalisten wird der umfassende ärztliche Behandlungsauftrag massiv beschnitten und auf den medizinisch-technischen Teil reduziert. Eine ganzheitliche, auf den einzelnen Patienten und seine Bedürfnisse ausgerichtete ärztliche Versorgung wäre dadurch unmöglich gemacht.
Die Delegiertenversammlung verweist darüber hinaus auf wiederholte Hinweise und Mahnungen durch zahlreiche Fachverbände und Organisationen wie der Bundesärztekammer und dem Deutschen Ärztetag.“
Hier finden Sie die Pressemitteilung als pdf zum Download.

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