Nach mehrjährigem Vorlauf ist es vollbracht: Die Delegiertenversammlung hat in ihrer Sitzung am 28. September erstmals die zwölfköpfige Vertreterversammlung der Berliner Ärzteversorgung (BÄV) gewählt. Zum Vorsitzenden des neuen Gremiums wurde klar Elmar Wille (Liste Allianz) gewählt, Vizepräsident der Kammer und bisheriger Vorsitzender des BÄV-Verwaltungsausschusses. Stellvertretender Vorsitzender wurde Thomas Werner (Marburger Bund). Beide wurden einstimmig - bei zwei bzw. einer Enthaltung - gewählt. Zuvor erhöhten die Delegierten die Renten sowie die Anwartschaften zum 1. Januar 2012 um 0,5 %. Daneben beschäftigten sich die Ärztevertreter mit Fragen der Weiterbildung und der Berufsbildung. Abschließend beschlossen sie eine Resolution zum Nichtraucherschutz.
Von Sascha Rudat
Diese Wahl bedeutet eine Zäsur in der Geschichte der Delegiertenversammlung. Nicht mehr die 46 gewählten Delegierten bestimmen jetzt die Geschicke des Versorgungswerkes, sondern die zwölfköpfige Vertreterversammlung, deren Mitglieder aber ebenfalls in der DV vertreten sein müssen (s. auch BERLINER ÄRZTE 10/2011).
Vor der Wahl der neuen Vertreterversammlung hatten die Delegierten aber noch über den BÄV-Jahresabschluss 2010 und die Gewinnrückstellung zu entscheiden. Elmar Wille führte gewohnt fundiert durch die komplexen Zahlen des berufsständischen Versorgungswerkes. Die Zahl der Rentenanwärter war demnach im vergangenen Jahr auf 25.185 gestiegen (2009: 24.381), die Zahl der Rentner kletterte auf 5.166. Erneut gab es einen kräftigen Anstieg bei den beitragsfreien Mitgliedern mit einem Plus von 14,8 % auf 3.075. Grund sei bekanntermaßen das Lokalitätsprinzip, wie Wille erläuterte. Der Anteil der Frauen am Mitgliederbestand beträgt mit 49,6 % inzwischen fast die Hälfte. Ein besonderes Augenmerk richtete Wille dabei auf die ganz jungen Jahrgänge: Bei den 26- bis 30-Jährigen ist der Frauenanteil inzwischen fast doppelt so hoch wie der der Männer. Das durchschnittliche Neumitglied ist wie im Vorjahr 34 Jahre alt. Dieses relativ hohe Eintrittsalter kommt dadurch zustande, dass nicht nur die Erstapprobierten erfasst werden, sondern auch in den Berliner Kammerbereich zuziehende Ärztinnen und Ärzte mit höheren Lebensaltern.
Die Zahlungen für Versicherungsfälle stiegen von 113,4 Millionen Euro im Jahr 2009 auf 124,6 Millionen im vergangenen Jahr: Rund 94 Millionen Euro wurden für die Altersrenten ausgezahlt (75,9 %), für Witwen- und Witwerrenten wurden 11,8 Millionen Euro (9,5 %), für Berufunfähigkeitsrenten 7,4 Millionen verwendet. Die Zahl der BU-Renten ist leicht um 0,7 % zurückgegangen. Der Anteil der vorgezogenen Altersrenten ist im Jahr 2010 deutlich auf 57% gesunken (Vorjahr: 69,3 %).
Die Übersicht des Mitgliederbestandes nach Tätigkeitsart machte deutlich, dass der Anteil der angestellten Ärzte wieder rund die Hälfte ausmacht, etwas über ein Viertel sind selbstständige Ärzte. Der Rest verteilt sich auf vorübergehend nicht tätige Ärzte (6,9 %), im Ausland tätige Ärzte (5,1 %), verbeamtete Ärzte (1,3 %) und mehrfach beschäftigte Ärzte (2,1 %) sowie Sonstige (1,3 %). Neu erfasst sind erstmals die Mitglieder, die inzwischen in anderen Versorgungswerken Mitglied sind, sie machen 10,2 % aus.
Die Beitragseinnahmen sind um 4,4 % auf rund 241,7 Mio. Euro gestiegen. Bei den Versorgungsabgaben stieg erneut der Anteil der Gruppe mit Zahlungen über dem 1,0-fachen Beitragssatz (bezogen auf die jeweils einschlägige West- bzw. Ost-Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung) und zwar auf 11,3 % (2009: 10,7 %). "Das heißt, diese Mitglieder zahlen freiwillig mehr ein, als sie müssten", erklärte Wille, "das ist ein außerordentlicher Vertrauensbeweis in die Ärzteversorgung."
Rechnungszins kann weiter gehalten werden
Erneut positiv entwickelte sich der Kapitalanlagebestand mit einem deutlichen Plus von 8,2 % auf 5,563 Milliarden Euro. Darüber hinaus gab es zum Stichtag 31.12.2010 stille Reserven in Höhe von 164,2 Mio. Euro (zum Anlagebestand siehe BERLINER ÄRZTE 09/2011, S. 12/13). Der Rechnungszins von 4,00 % konnte erneut gehalten werden. Der Durchschnittszins betrug 3,29 %, die Nettoverzinsung 4,84 %. "Den Rechnungszins wollen wir auch in den nächsten zwei, drei Jahren nicht anfassen. Es müssten schon sehr dramatische Entwicklungen an den Kapitalmärkten stattfinden. Dann müsste man darüber nachdenken", erläuterte Wille. Zentrale Bedeutung komme deshalb weiter der Zinsschwankungsreserve zu, die um 43,9 Mio. auf 312,6 Mio. Euro aufgestockt wurde. Damit könne notfalls über drei Jahre hinweg ein Kapitalergebnis von 2,00 % auf den Rechnungszins von 4,00 % aufgefüllt werden.
Für die nach Abzug der Zinsschwankungsreserve verbleibende Gewinnrückstellung in Höhe von 59,9 Mio. Euro schlugen BÄV-Verwaltungs- und Aufsichtsausschuss eine Erhöhung der Anwartschaften sowie der Renten und Kinderzuschüsse um jeweils 0,5 % vor (32,4 Mio. bzw. 9,5 Mio. Euro). Der verbleibende Restbetrag von 18,0 Mio. Euro soll der Gewinnrückstellung zugeführt werden.
Diesem Vorschlag folgten die Delegierten einstimmig. Außerdem entlasteten sie erwartungsgemäß Verwaltungs- und Aufsichtsausschuss und verabschiedeten den Jahresabschluss 2010.
Prüfer für die Weiterbildung gewählt
Im Anschluss wählten die Delegierten einstimmig die von den Weiterbildungsausschüssen I ? VI vorgeschlagenen Prüfer für die Weiterbildungsprüfungen. Außerdem wurde ein Änderungsantrag zum 8. Nachtrag der Weiterbildungsordnung beschlossen, der eine Rücknahme der Regelungen zum erleichterten Erwerb der Zusatzbezeichnung MRT-fachgebunden vorsieht. Die im Rahmen des 8. Nachtrags eingebrachten Regelungen wurden aufgrund einiger Bedenken noch nicht genehmigt. Ein weiterer Vorschlag erwies sich als nicht konsensfähig. Um den inzwischen eingereichten 9. Nachtrag nicht zu behindern, wurden die genannten Regelungen jetzt zurückgenommen.
Daneben beschlossen die Delegierten die Richtlinie für die Anerkennung von Fortbildungen für Medizinische Fachangestellte und Arzthelfer/innen sowie den 2. Nachtrag zur Prüfungsordnung für die Prüfung von Medizinischen Fachangestellten.
Problemlose Wahl
Nach einer einstimmig beschlossenen Satzungsänderung der Ärzteversorgung konnte anschließend die Wahl der neuen Vertreterversammlung durchgeführt werden. Geleitet wurde sie von Vorstandsmitglied Harald Mau. Im ersten Wahlgang wurden die zwölf Vertreter im Verhältniswahlrecht gewählt. Folgende DV-Mitglieder wurden in die neue Vertreterversammlung gewählt:
Vertreterversammlung der Berliner Ärzteversorgung |
---|
Liste 1 | Dr. Volker Pickeroth |
Julian Veelken | |
Dr. Eva Müller-Dannecker | |
Liste 2 | Dr. Thomas Werner |
Dr. Kilian Tegethoff | |
Dr. Günther Jonitz | |
Liste 3 | Dr. Elmar Wille |
Dr. Svea Keller | |
Dr. Matthias Bloechle | |
Dr. Hans-Detlef Dewitz | |
Dr. Wolfgang Kreischer | |
Dr. Bernd Müller |
Im zweiten und dritten Wahlgang wurden aus diesen zwölf VV-Mitgliedern dann der Vorsitzende und sein Stellvertreter gewählt. Der neu gewählte Vorsitzende Elmar Wille bedankte sich unter Beifall für das in ihn gesetzte Vertrauen: "Das Ergebnis stärkt die neue Institution." Auch Thomas Werner bedankte sich als frisch gewählter stellvertretender Vorsitzender für die Glückwünsche zu seiner Wahl.
Resolution zum Nichtraucherschutz
Abschließend beschäftigten sich die Delegierten mit dem Thema Nichtraucherschutz. Zu Beginn richtete sich Kammerpräsident Günther Jonitz (Marburger Bund) mit einer persönlichen Stellungnahme an die Delegierten. Darin bezog er sich auf einen Vortrag, den er im Mai dieses Jahres auf private Einladung gehalten hatte. Dabei hatte er seine persönlichen Ansichten zum Rauchen und zum Umgang mit diesem Thema in der Öffentlichkeit und Gesellschaft dargestellt. "Bedauerlicherweise wurde diese Veranstaltung zum Anlass genommen, in verkürzter, zum Teil entstellender oder gar falscher Weise den Eindruck entstehen zu lassen, dass meine Person oder gar die Ärztekammer Berlin die Gefahren des Rauchens unterschätzt respektive nicht für einen konsequenten Nichtraucherschutz eintreten würde", erklärte Jonitz. Er bedauerte diese öffentliche Darstellung außerordentlich und stellte fest, dass die Ärztekammer Berlin ohne Abstriche für einen konsequenten Nichtraucherschutz eintritt. Gleichzeitig plädierte er dafür, dass bei allen Themen und somit auch beim Thema Nichtraucherschutz eine differenzierte Diskussion geführt wird. "In einer solchen Diskussion sollen weder Risiken noch Gefahren verharmlost werden. Gleichzeitig dürfen aber auch keine Stigmatisierungen erfolgen." Jonitz wies darauf hin, dass es im Heft 04/2011 von BERLINER ÄRTZE einen umfassenden Artikel der Volksinitiative "Frische Luft für Berlin" zum Thema "Nichtraucherschutz" gegeben habe. Außerdem kündigte er an, dass sich die Ärztekammer Berlin als Partner im Landesprogramm "Berlin qualmfrei" aktiv einbringen werde.
Danach beschlossen die Delegierten einstimmig eine von der Fraktion Gesundheit eingebrachte Resolution zum Nichtraucherschutz, die durch einen Ergänzungsantrag des Vorstandes erweitert wurde. Die Resolution ist auf der Homepage der Kammer zu finden.