Berliner Ärzteversorgung: Diskussion um Satzungsänderungen - Delegierte zum 108. Deutschen Ärztetag gewählt

DV-Bericht

Bericht von der Delegiertenversammlung am 2. März 2005

Berliner Ärzteversorgung: Diskussion um Satzungsänderungen

Die Satzung der Berliner Ärzteversorgung ist dringend überarbeitungsbedürftig. In erster Linie muss sie europarechtlichen Vorgaben zur Verbesserung der Migrationsmöglichkeiten in der EU angepasst werden. Und bei dieser Gelegenheit sollen noch andere Rechtsangleichungen, Neuerungen und kleinere redaktionelle Änderungen eingearbeitet werden. In einem Punkt ist Eile geboten: Die partielle Rückerstattungsmöglichkeit von Beiträgen, die in bestimmten Fällen bei Ausscheiden aus dem Versorgungswerk bislang möglich war, muss bis zum 30.6.2005 aus der Satzung herausgenommen werden. Geschieht dies nicht, würden die Berliner Ärzte die Möglichkeit verlieren, ihre Beiträge zum Versorgungswerk steuerlich als Sonderausgaben geltend zu machen.

Vizepräsident Elmar Wille, Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Berliner Ärzteversorgung stellte den Delegierten die wesentlichen Änderungen vor:

  • Der Verwaltungsausschuss übernimmt vom Aufsichtsausschuss die Zuständigkeit für Immobilienanlagen. Das "Vier-Augen-Prinzip" wird auch in Fragen der Immobilienanlagen eingeführt.
  • Die Außenvertretungsbefugnis soll von Präsident und Vizepräsident der Kammer künftig auf den Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses und dessen Stellvertreter übergehen, die stärker ins laufende Tagesgeschäft des Versorgungswerkes eingebunden sind und dadurch gut "im Stoff stecken".
  • Die so genannte "Ausländerklausel" soll wegfallen. Bislang durften nur deutsche Staatsangehörige, EU-Ausländer und Inhaber einer unbefristeten Berufserlaubnis in der Berliner Ärzteversorgung Mitglied werden. Mit der Satzungsänderung hätten künftig alle ausländischen, in Berlin arbeitenden Ärzte die Möglichkeit, in das Berliner Versorgungswerk einzutreten.
  • Das "pro-rata-temporis-Prinzip" soll eingeführt werden. Wenn bei Eintritt eines Berufsunfähigkeitsfalls mehrere Anwartschaften bei mehreren Rententrägern bestehen, teilen sie sich die Rente im Verhältnis der im jeweiligen Sicherungssystem zurückgelegten Versicherungszeiten.
  • Die 45-Jahres-Grenze bei der Aufnahme von Neumitgliedern soll auf 60 Jahre angehoben werden. Damit passt sich das Versorgungswerk den EU-Vorschriften zur Erleichterung einer freizügigen Migration im Europäischen Wirtschaftsraum an.
  • Ein freiwilliges Verbleiben im Berliner Versorgungswerk wird für Ärzte, die mit dem Job auch die Kammer wechseln müssen, nicht mehr möglich sein. Seit dem Stichtag 1.1.2005 besteht jeweils Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk des Tätigkeitsortes (wir berichteten). Diese Neuerung wurde nun auch in die Satzung eingearbeitet. Daraus ergibt sich am Ende des Arbeitslebens bei häufigen Wechseln der Kammern eine Art "Patchwork-Rente", die sich aus Ansprüchen bei verschiedenen Versorgungswerken zusammensetzt. Bei Wohnortwechseln innerhalb der EU gilt Gleiches.
  • Künftig soll es eine Wartezeit von einem Jahr für den Anspruch auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente geben. Bislang bestand im Bedarfsfall sofort nach Eintritt ins Versorgungswerk auch voller Anspruch auf diese Leistung.
  • Als Satzungsänderung wurde ferner vorgeschlagen, künftig auch für nichteheliche Lebenspartner (eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften sowie nicht eingetragene Lebenspartner) eine Hinterbliebenenrente einzuführen.
  • Ferner wurde vorgeschlagen, einen Ledigenzuschlag von 10 bis 20 % auf die Altersrente einzuführen.

Lebenspartnerschaften

Bis auf die letzten beiden Punkte wurden alle geplanten Satzungsänderungen von der Delegiertenversammlung ohne weitere Diskussionen zur Kenntnis genommen. Die Debatte konzentrierte sich auf die Hinterbliebenenrente für eingetragene, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Nach Einschätzung der Juristen im Versorgungswerk wird es schwer sein, die Hinterbliebenenrente für eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner/-innen nicht einzuführen. Denn Ende 2004 hat der Gesetzgeber die eingetragenen Lebenspartnerschaften den Ehen juristisch gleichgestellt. § 3 des Grundgesetzes verbietet eine Diskriminierung, die Rente wäre also mit guten Chancen auf dem Klageweg zu erstreiten. Die BfA hat bereits reagiert und die eingetragenen Lebenspartner auch rentenrechtlich den Verheirateten gleichgestellt. In beiden Ausschüssen des Versorgungswerkes wird schon kaum mehr über das "Ob", sondern nur noch über das "Wie" einer solchen Hinterbliebenenrente diskutiert, so Kammerpräsident Jonitz, der auch dem Aufsichtsausschuss vorsitzt.

Die Idee, auch über Rentenzahlungen für Hinterbliebene aus nicht eingetragenen Lebenspartnerschaften nachzudenken, (sie geht auf den Vorschlag einer Ärzteinitiative zurück und wird von der Fraktion Gesundheit unterstützt), wurde nicht weiter vertieft. Dies hat sicher mit der schwierigen Abgrenzungsproblematik zu tun (wie definiert sich "Lebenspartner", welcher von mehreren nichtehelichen Partnern ist letztlich anspruchsberechtigt, etc.) Außerdem erscheint diese Leistungsausweitung nicht finanzierbar.

Hinterbliebenenversorgung

Gesellschaftliche Veränderungen rücken die Hinterbliebenenversorgung generell (ob ehelich oder nichtehelich) in ein neues Licht. So steht auch die Witwen-/Witwerrente aus der Sicht vieler Delegierter auf dem Prüfstand. Diese war ursprünglich als sozialer Schutz gedacht, der durch Kindererziehungszeiten lange nicht berufstätige Ehepartner nach dem Tod des "Familienernährers" absichern sollte. Angesichts vieler kinderloser Ehen und oft durchgängiger Erwerbsbiografien von Männern und Frauen sehen viele Delegierte diesen ursprünglichen Gedanken ad absurdum geführt.

Zahlreiche Delegierte argumentierten denn auch, dass nicht das "Verheiratet sein", sondern eher das "gemeinsam Kinder haben" der Sinn einer Hinterbliebenenunterstützung sein solle. Svea Keller von der Liste Allianz ("Als Mutter hat man per se einen niedrigeren Rentenanspruch, weil man zeitlebens nicht so viel arbeiten kann wie Nicht-Eltern") und Hans-Peter-Hoffert vom BDA ("Ehe braucht keine Solidarität der Gesellschaft, aber Kinder brauchen sie") argumentierten in diese Richtung. Ähnlich dachte auch Kammerpräsident Günther Jonitz ("wir müssen Familien und Nachwuchs fördern") und Matthias Albrecht ("Familie ist da, wo Kinder sind"), beide vom Marburger Bund.

Und noch eine weitere Ehesubvention wurde als alter Zopf hinterfragt: Bislang wird in der Berliner Ärzteversorgung die Witwen-/Witwerrente nicht mit der selbst erworbenen Rente des Hinterbliebenen verrechnet. Sie wird ihm zusätzlich ausgezahlt. so dass der länger lebende Partner im Witwenstand oft über zwei Renten verfügt. Man könnte sich hier an der BfA orientieren, die seit Jahren schon anders verfährt und grundsätzlich alle Rentenansprüche miteinander verrechnet. Carsten Belter (Fraktion Gesundheit), einer der Wortführer für eine Rente für Lebenspartner, schlug vor, ernsthaft über eine solche Verrechnung nachzudenken. Auch Hans-Herbert Wegener (Liste Allianz) und Rüdiger Brandt (Fraktion Gesundheit) unterstützen das. Die rechtlichen Möglichkeiten zu einer solchen Verrechnung seien allerdings minimal, so Jonitz.

Ledigen-Zuschlag

Diskutiert wurde auch die Idee, für ledige Mitglieder einen so genannten "Ledigenzuschlag" von 10 bis 20 % auf die Rente einzuführen. Das Versorgungswerk ist gerade dabei, dies versicherungsmathematisch zu prüfen. Mit einem solchen Mechanismus könnten Umverteilungseffekte ausgeglichen werden, die Hinterbliebenenrenten grundsätzlich von den Ledigen hin zu den Verheirateten auslösen. Gerade dadurch, dass die Ledigen in der Großstadt Berlin über 50 % der Mitglieder stellen, könnte eine solche Lösung von vielen Mitgliedern begrüßt werden. Ähnlich praktiziert es übrigens schon heute das Versorgungswerk der Rechtsanwälte, berichtete Vera von Doetinchem de Rande, Juristin im Aufsichtsausschuss.

Am Ende des Abends war zu diesem Thema dennoch kein eindeutiges Stimmungsbild zu erkennen. Allerdings machten sich zahlreiche Delegierte für eine generelle Satzungsüberarbeitung in puncto Hinterbliebenenrenten stark. Schatzmeister Dietrich Bodenstein zum Beispiel gehörte dazu. "Das sollte ein großer Wurf werden, auch wenn es länger dauert."

Delegierte zum 108. Deutschen Ärztetag gewählt

Die folgenden Delegierten werden die Ärztekammer Berlin beim Deutschen Ärztetag vom 2. bis 6. Mai 2005 in Berlin vertreten:

Liste Delegierte/Delegierter Ersatzdelegierte/Ersatzdelegierter
Marburger Bund Dr. med. Sigrid Kemmerling Dr. med. Matthias Albrecht
Dr. med. Klaus Thierse Dr. med. Ernst-Günter Vieweg
Dr. med. Werner Wyrwich Henning Dennehl
BDA Prof. Dr. med. Vittoria Braun Dr. med. Rita Kielhorn
Dr. med. Hans-Peter Hoffert Dr. med. Wolfgang Kreischer
Macht´s besser ... Hermann Brehme Dr. med. Ortrud Heinrichs
Allianz Berliner Ärzte Dr. med. Roland Urban Dr. med. Walter Goerz
Dr. med. Svea Keller Dr. med. Elmar Wille
Dr. med. Rudolf Fitzner PD Dr. med. Dietrich Banzer
Dr. med. Christian Handrock Dr. med. Sabine Krebs
Prof. Dr. med. Harald Mau Dr. med. Stephan Krafft
Fraktion Gesundheit Dr. med. Charlotte Lutz Dr. med. Eva Müller-Dannecker
Dr. med. Julian Veelken Dr. med. Carsten Belter
Dr. med. Volker Pickerodt Dr. med. Wolfgang Singendonk
Dr. med. Wolfgang Albers Dr. med. Stefan Hochfeld
Dr. med. Uschi Jacobi Dr. med. Cora Jacoby