Die aus Großbritannien stammende AllTrials-Kampagne, welche die Registrierung und Veröffentlichung aller Arzneimittelstudien weltweit fordert, kann einen großen Erfolg verzeichnen. Eine Gruppe von 85 Rentenfonds und Vermögensverwaltern, die zusammen ein Anlagevermögen von 3,5 Billionen Euro repräsentieren, unterstützt künftig die Ziele von AllTrials. Sie wollen die Pharmaunternehmen, in die sie investieren, auffordern, alle Studien zu registrieren und deren Ergebnisse unverzerrt zu veröffentlichen. Diese Forderung soll sich auch auf bereits abgeschlossene Studien beziehen. Die Ärztekammer Berlin begrüßt diese Kooperation ausdrücklich: „,Big Money‘ setzt jetzt ,Big Pharma‘ unter Druck – das ist der richtige Weg. Freiwilligkeit hat in der Vergangenheit nur begrenzt Erfolg gebracht. Aber diesem wirtschaftlichen Druck können sich die Pharma-Riesen kaum entziehen“, erklärt Kammerpräsident Dr. med. Günther Jonitz.
Die Ärztekammer Berlin hatte in der Vergangenheit immer wieder den freien Zugang zu allen Arzneimittelstudien gefordert. „Nur wenn alle Daten von klinischen Studien öffentlich sind, ist eine unabhängige und neutrale Überprüfung der Wirksamkeit und der Nebenwirkungen von Arzneimitteln möglich“, betont Jonitz, der beispielsweise im Jahr 2013 zusammen mit zahlreichen weiteren Unterstützern eine „Berliner Erklärung“ zu diesem Thema unterzeichnet hatte. „Das selektive Publizieren von Daten und Studien führt häufig zu einer völlig falschen Bewertung von Arzneimitteln.“ Jonitz fordert insbesondere den Zugang zu den Rohdaten der Pharmahersteller, um mögliche Verfälschungen durch weiterführende Studien zum Schaden der Patienten aufzudecken: „,Sauberes Wasser‘ war im 19. Jahrhundert die Grundlage für Gesundheit, im 21. Jahrhundert ist es ,sauberes Wissen‘. Dazu müssen alle Studien und deren Ergebnisse auf den Tisch.“
Der Druck auf die Pharmaunternehmen hat sich in den vergangenen Jahren auch durch verschärfte Gesetzgebungen merklich erhöht. So mussten den Angaben zufolge 21 große Pharmahersteller zwischen 2007 und 2015 insgesamt rund 40 Milliarden US-Dollar Strafe zahlen, weil sie irreführend geworben hatten. In 43 Prozent der Fälle bezogen sich die Strafen direkt auf das Verschweigen oder Verharmlosen von teils gefährlichen Nebenwirkungen, die in klinischen Studien zwar festgestellt, aber nicht veröffentlicht wurden.
Dass die Finanzinvestoren nicht nur aus reiner Menschenfreundlichkeit agieren, sondern auch ein großes Eigeninteresse an der Veröffentlichung von Studiendaten haben, macht Helena Vines Fiestas von BNP Paribas Investment Partners, einem weltweit tätigen Finanzinvestor, laut AllTrials deutlich: „Genauso wie Ärzte und Patienten haben Finanzinvestoren das Risiko, von Pharmafirmen hinters Licht geführt zu werden. Für richtige Investitionsentscheidungen sind aber vollständige und korrekte Studienergebnisse grundlegend.“
Weitere Informationen zu AllTrials und der Kooperation unter: www.alltrials.net
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