CIRS-Berlin: Beispielhaftes Modell für mehr Patientensicherheit

DV-Bericht

Bericht von der Delegiertenversammlung am 19. Februar 2014

Die erste Delegiertenversammlung des Jahres hatte eine überschaubare Tagesordnung. Neben der traditionellen Wahl der Delegierten für den diesjährigen 117. Deutschen Ärztetag in Düsseldorf beschäftigte sich die DV mit dem 11. Nachtrag zur Gebührenordnung der Ärztekammer Berlin. Auf großes Interesse der Delegierten stieß der Sachstandsbericht zum Projekt Netzwerk CIRS-Berlin.

Von Sascha Rudat

Doch zunächst stand die Wahl der Delegierten für den 117. Deutschen Ärztetag, der vom 27. bis 30. Mai in Düsseldorf stattfindet, auf dem Programm. Durch eine Verschiebung des Mitgliederverhältnisses der Landesärztekammern stehen der Ärztekammer Berlin in diesem Jahr nur 15 statt 16 Sitze zu. Die Verteilung der Plätze zwischen den Berliner Listen, die seit 1995 nach dem Berechnungsverfahren Hare-Niemeier vorgenommen wird, führt dazu, dass der Marburger Bund einen Sitz weniger besetzen kann als in den vergangenen Jahren. Die Liste der Delegierten und ihrer Stellvertreter wurde einstimmig von der DV verabschiedet.

Als Delegierte bzw. deren Stellvertreter zum 117. Deutschen Ärztetag 2014 in Düsseldorf wurden von der Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin benannt:

ListeDelegierterStellvertreter
1.) Marburger BundDr. med. Werner WyrwichDr. med. Sigrid Kemmerling
2.) Marburger BundDr. med. Thomas WernerKai Sostmann
3.) Marburger BundDr. med. Klaus ThierseAlfred Höfer
4.) Marburger BundDr. med. Matthias AlbrechtDorothea Spring
5.) Fraktion GesundheitKatharina KulikeDr. med. Stefan Hochfeld
6.) Fraktion GesundheitJulian VeelkenDr. med. Andreas Grüneisen
7.) Fraktion GesundheitDr. med. Ellis HuberDr. med. Eva Müller-Dannecker
8.) Fraktion GesundheitDr. med. Heinrich-Daniel RühmkorfDr. med. Herbert Menzel
9.) Allianz Berliner ÄrzteDr. med. Svea KellerDr. med. Elmar Wille
10.) Allianz Berliner ÄrzteBurkhard BratzkeDr. med. Roland Urban
11.) Allianz Berliner ÄrzteDr. med. Hans-Detlef DewitzDr. med. Dietrich Bodenstein
12.) Allianz Berliner ÄrzteDr. med. Rudolf FitznerDr. med. Bernd Müller
13.) Allianz Berliner ÄrzteDr. med. Klaus-Peter SpiesDr. med. Christian Handrock
14.) Hausärzte im BDAStephan BernhardtDr. med. Wolfgang Kreischer
15.) Hausärzte im BDADr. med. Gabriela StemporBettina Lindner


Aufwändige Prüfverfahren

Hintergrund für die Änderung der Gebührenordnung ist die geplante Änderung des Ärzte-Weiterbildungsgesetzes durch das so genannte Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG). Durch die geplante Gesetzesänderung soll die Anerkennung von in Drittstaaten erworbenen Weiterbildungen vereinfacht werden. Diese neue Aufgabe stellt für die Kammer allerdings einen nicht unerheblichen Mehraufwand dar, der in einem Gebührenkatalog seinen Niederschlag findet. Die Bearbeitung der Anträge erfolgt demnach in drei Bearbeitungsschritten, die unterschiedlich aufwändig sein können: Dokumentenprüfung, Gleichwertigkeitsprüfung und ggf. eine Kenntnisstands- oder Eignungsprüfung. Die Gebühren, die die Kammer vom Antragsteller erhebt, richten sich dabei nach dem Prüfaufwand im Einzelfall. Die Delegierten stimmten der Änderung der Gebührenordnung, die im Vorfeld vom Kammervorstand intensiv beraten worden war, einstimmig zu.

Berliner Erfolgsmodell

Der Leiter der Abteilung Fortbildung/Qualitätssicherung der Kammer, Henning Schaefer, stellte in einer Präsentation die Grundlagen und die bisherige Arbeit des seit 2008 bestehenden Projektes Netzwerk CIRS-Berlin vor. Dieses einrichtungsübergreifende, regionale Berichts- und Lernsystem (Critical Incident Reporting System) wird von der Ärztekammer Berlin und dem Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) getragen. Aktuell beteiligen sich 11 Krankenhausträger mit 22 Krankenhaus-Standorten an dem Projekt. Die Mitarbeiter dieser Krankenhäuser können anonym Vorfälle mit Beinahe-Schäden in das System berichten (über die hauseigenen CIRS-Systeme). Die Berichte werden im so genannten Anwender-Forum des Netzwerks analysiert. Ziel ist es, gemeinsam systemische Ursachen für Fehler zu identifizieren und Empfehlungen zu erarbeiten und zu kommunizieren, wie ähnliche Ereignisse in der Zukunft verhindert werden können. Wie Schaefer berichtete, sind bislang 238 Berichte eingegangen, die je etwa zur Hälfte aus dem ärztlichen und dem pflegerischen Bereich kamen. Dabei wurde vor allem über Medikationsereignisse (37%), aber auch über kritische Ereignisse mit medizinischen Geräten, mit Dokumentationen und hinsichtlich klinischen Abläufen berichtet. Besonders prägnante Fälle werden als "Fall des Monats" regelmäßig in BERLINER ÄRZTE veröffentlicht.

Im Anschluss erläuterte Elisabeth Rosenkranz, Betriebsärztin am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, die Sicht einer Vertrauensperson des CIRS-Anwenderforums. Das Anwenderforum sei eine geeignete Plattform, die Vorfälle, die fast jedem und überall passieren könnten, aus mehreren Perspektiven zu betrachten und konstruktive Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Die Fehlerkultur habe sich in den vergangenen Jahren stark zum Positiven gewandelt. Die Zeiten, in denen Fehler "unter den Teppich gekehrt" werden, seien längst vorbei, zeigte sich die Ärztin überzeugt. Nach der Präsentation diskutierten die Delegierten das Thema CIRS intensiv. Julian Veelken (Fraktion Gesundheit) bewertete es kritisch, dass die Kliniken durch die Vertrauenspersonen quasi eine Vorauswahl der Fälle treffen, die dann in CIRS-Berlin gemeldet werden. Henning Schaefer unterstrich, dass es nicht darum gehe, ein umfassendes oder vollständiges Bild über ein Fehlergeschehen in Krankenhäusern zu erhalten, sondern aus jedem gemeldeten Fall gemeinsam zu lernen. Kammerpräsident Günther Jonitz (Marburger Bund) ergänzte, dass verpflichtende Systeme nicht hilfreich wären, denn "nur durch gelebte Fehlerkultur kann CIRS wachsen".

In der weiteren Diskussion tauschten sich die Delegierten über die Möglichkeiten einer Ausweitung auf den ambulanten Bereich aus. Schaefer erläuterte, warum CIRS-Berlin in der aktuellen Form kaum für niedergelassene Ärzte geeignet sei, es aber Überlegungen zu einer Ausweitung bereits gebe. In diesem Fall müsste dann dem berichtenden Arzt ggf. direkt von Experten eine Rückmeldung über seinen gemeldeten Vorfall gegeben werden. Stefan Hochfeld (Fraktion Gesundheit) regte für den Beginn eine Art Hotline bei der Kammer an. Hans-Detlef Dewitz (Allianz) sprach sich zudem für eine Einbeziehung der Schnittstellenprobleme zwischen stationärem und ambulantem Sektor aus. Kammerpräsident Jonitz bedankte sich für diese Anregungen. Im Anschluss stellte Eva Müller-Dannecker (Fraktion Gesundheit) die Frage, warum nicht auch Fehler erfasst würden, die zu einem Patientenschaden geführt haben. Henning Schaefer erklärte, dass es die Möglichkeit gebe, solche Fehler zu melden, allerdings sei dafür die Zustimmung aller Beteiligten (Arzt, Patient, Haftpflichtversicherung) erforderlich. Außerdem müsse der Fall zivil- und ggfs. berufs- und strafrechtlich abgeschlossen sein. Andernfalls würde er nicht angenommen. Jonitz erklärte abschließend, dass standespolitisch die Ärzteschaft auf sehr vielen Gebieten in der Defensive stehe und sich verteidigen müsse; bei "Patientensicherheit" ist die deutsche Ärzteschaft führend, nicht zuletzt aufgrund der Umsetzung des einstimmigen Beschlusses des Ärztetages 2005 in Berlin.

Weitere Informationen zu CIRS-Berlin unter: www.cirs-berlin.de

Die nächste Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin findet am 9. April 2014 um 20 Uhr in der Ärztekammer Berlin in der Friedrichstraße 16 statt.