Die Delegiertenversammlung hat sich in ihrer April-Sitzung intensiv mit den Folgen der Kinderarmut in Berlin beschäftigt. Weitere Themen waren die Vorbereitung des diesjährigen Deutschen Ärztetages und die Nachwahl von Weiterbildungsprüfern.
Von Sascha Rudat
Der Delegierte Rolf-Jürgen Kühnelt (Fraktion Gesundheit), der seit 35 Jahren als Kinder- und Jugendarzt im Wedding arbeitet, brachte den Delegierten das Thema Kinderarmut und ihre Folgen aus ärztlicher Sicht näher. Unter dem Titel "Berlin - Hauptstadt der Kinderarmut" trug Kühnelt einige aufschreckende Daten vor. So beträgt die Kinderarmut ihm zufolge über ganz Berlin hinweg 37,4 Prozent. In den so genannten Planungsräumen der Gruppe 4 (Monitoring "Soziale Stadtentwicklung 2010") sogar 71,3%. "Diese Zahlen geben aber die Realität nur ungenügend wieder", erklärte Kühnelt. Nach seinen Erfahrungen würden diese Kinder, die in Armut leben, mehr oder weniger allein gelassen. Die Folgen seien vielfältige gesundheitliche und entwicklungspsychologische Defizite. Der Sprachförderbedarf sei enorm. Außerdem hätten Berliner Kinder und Jugendliche mit niedrigem sozialem Status zu 23,2 Prozent psychische Probleme - solche mit hohem sozialen Status dagegen nur zu 8,1 Prozent. Um diesen Problemen zu begegnen, hat Kühnelt vor einigen Jahren zusammen mit anderen das "Büro gegen Kinderarmut" im Wedding gegründet. Das Büro führt konkrete Unterstützungsangebote für von Armut betroffene Kinder durch und informiert über die Problematik. Kühnelt bat am Ende seines Vortrages um Unterstützung für das Büro durch die Kammer. Vizepräsident Elmar Wille (Allianz), der die Versammlung leitete, kündigte an, dass sich der Vorstand damit beschäftigen werde.
Im Anschluss stellte Henning Schaefer, Leiter der Abteilung 2 (Fortbildung/Qualitätssicherung) die Felder vor, in denen die Ärztekammer Berlin sich schon heute intensiv um das Thema Kinder- und Jugendgesundheit kümmert. Dazu gehört die Unterstützung der Landesprogramme für eine gute gesunde Kita und für eine gute gesunde Schule ebenso wie für das Migranten-Mütter-Projekt. Dieses Projekt widmet sich im Rahmen einer Ärztinnenstunde für Mütter nicht-deutscher Herkunft der interkulturellen Gesundheitserziehung und der Prävention in der Sexualerziehung. Seit 1995 unterstützt die Ärztekammer Berlin außerdem maßgeblich den jährlich stattfindenden Kongress Armut und Gesundheit, bei dem das Thema Kinderarmut und die Folgen für die Gesundheit und Entwicklung immer wieder eine wichtige Rolle spielen. Darüber hinaus ist die Ärztekammer Berlin durch ihren Präsidenten Günther Jonitz in der Landesgesundheitskonferenz vertreten, wo der Fokus auf der gesundheitlichen Lage der Berliner Bevölkerung liegt. In themenbezogen Arbeitsgruppen werden detaillierte Aktivitäten für einzelne Bereiche erarbeitet, wie Schaefer weiter ausführte.
Dauerthema Weiterbildungsordnung
Die Beratungen der Delegierten über die Tagesordnung des nächsten Deutschen Ärztetages in Hannover fokussierten sich schnell auf das Thema Novelle der Musterweiterbildungsordnung. Matthias David (Marburger Bund) zeigte sich erstaunt darüber, dass es eine komplette Überarbeitung der Musterweiterbildungsordnung geben soll. Dietrich Bodenstein (Allianz), Vorsitzender des Gemeinsamen Weiterbildungsausschusses, erklärte, dass es vor dem Ärztetag noch Informationen von Seiten der Bundesärztekammer über den weiteren Zeitplan der Novelle geben werde. Auf dem diesjährigen Ärztetag sei aber nicht mit einer Verabschiedung zu rechnen. Klaus Thierse (Marburger Bund) ergänzte, dass die Fachgesellschaften noch bis zum 30. April Gelegenheit zur Stellungnahme hätten. "Das Problem, das ich sehe ist, dass die Fachgesellschaften jetzt aufgeschreckt sind. Es wird deshalb auf dem Ärztetag zahlreiche Anträge geben, zu denen die Delegierten keine Informationen haben. Ich warne deshalb davor, über zu viel abzustimmen." Vizepräsident Wille ergänzte, dass der Zeitplan sehr eng gefasst sei: "Das ganze Verfahren ist nicht sehr demokratiefreundlich."
Demokratisch eindeutig wurde im Anschluss die Nachwahl der Weiterbildungsprüfer durchgeführt. Das Votum der Delegierten für die Prüferliste fiel einstimmig aus.
Weitere Informationen zum Büro gegen Kinderarmut unter:
www.buero-gegen-kinderarmut.de
Die nächste Delegiertenversammlung findet am 12. Juni 2013 um 20 Uhr im Konferenzsaal der Ärztekammer Berlin statt.