Einer Erhöhung der laufenden Renten um 1,25 Prozent zum 1. Januar 2007 haben die Delegierten der Ärztekammer Berlin auf ihrer Sitzung am 27. September zugestimmt. Auch alle noch nicht in die Rente eingewiesenen Mitglieder des Versorgungswerkes erhalten eine Anhebung ihrer Anwartschaften um 1,25 Prozent. Darüber hinaus verabschiedeten die Abgeordneten eine neue Satzung der Ethik-Kommission und die Prüfungsordnung für Abschlussprüfungen von Medizinischen Fachgestellten.
von Sascha Rudat
Das Geschäftsjahr 2005 verlief nach Angaben von Kammer-Vizepräsident Elmar Wille (Liste Allianz), Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Berliner Ärzteversorgung (BÄV), erfolgreich. Die BÄV konnte Gewinnrückstellungen in Höhe von 171,1 Millionen Euro verzeichnen. Davon sind 43,7 Millionen Euro als Anpassung der "Berufsständischen Richttafeln" auf Grund der Längerlebigkeit reserviert. 63,4 Millionen Euro fließen in die Erhöhung der Rentenanwartschaften, 14,9 Millionen Euro in die Anhebung der laufenden Renten. Die verbleibenden 49,1 Millionen Euro werden in das nächste Jahr übertragen - als Reserve für die Einführung der neuen Sterbetafeln, die voraussichtlich eine Längerlebigkeit der BÄV-Mitglieder dokumentieren werden, als mögliche Aufstockung der Zinsschwankungsreserve oder als Mittel für eine Rentenerhöhung.
Wie Wille weiter erläuterte, stieg die Zahl der Mitglieder 2005 von 21.859 auf 22.088. Auf Grund des so genannten Lokalitätsprinzips, wonach eine freiwillige Mitgliedschaft in der BÄV nach dem Wegzug aus dem Kammerbereich Berlin nicht mehr möglich ist, stieg die Zahl der beitragsfreien Mitglieder um 64,2 Prozent auf 826. Wie erwartet kam es zu einem Einschnitt in der Überleitungsstatistik. Erstmals wurden mehr Mitglieder aus der BÄV in andere Versorgungswerke weggeleitet (69) als hergeleitet (47). "In Berlin werden viele Ärzte ausgebildet, die dann die Stadt verlassen", erläuterte der BÄV-Verwaltungsvorsitzende.
Die Zahl der BÄV-Mitglieder, die freiwillig über dem 1,0-fachen Beitragssatz zahlen, stieg im vergangenen Jahr auf jetzt 5,9 Prozent aller Mitglieder. "Offensichtlich haben die Kollegen Vertrauen in ihr Versorgungswerk, wenn sie freiwillig mehr zahlen", hob Wille hervor. 24,3 Prozent zahlten den 1,0-fachen Beitrag, 47,2 Prozent den 0,5- bis 1,0-fachen Beitrag (2004: 44,1 Prozent). Als erfreulich erweist sich die Senkung der unteren Gehaltsgruppen auf jetzt 22,6 Prozent gegenüber 26 Prozent im Vorjahr. Mitglieder dieser Gruppen verdienten weniger als 2200 Euro (Ost) beziehungsweise 2625 Euro brutto (West). Allerdings stiegen die Einnahmen des Versorgungswerkes aus Beiträgen lediglich um 0,4 Prozent.
Weiterhin ungebrochen ist der Trend zur vorgezogenen Altersrente. Von 364 Einweisungen waren im vergangenen Jahr 258 vorgezogen. Die Zahl der Versorgungsleistungen stieg 2005 um 13,7 Prozent auf 4170: 2159 Altersrenten (+19, 5 Prozent), 325 Berufsunfähigkeitsrenten (+0,9 Prozent), 675 Witwenrenten (+2,0 Prozent), 246 Waisenrenten (-3,1 Prozent), 766 Kinderzuschüsse (+23,0 Prozent).
Schwierige Kapitalmärkte
Als äußerst erfreulich bezeichnete Wille die Entwicklung der Kapitalanlagen, die 2005 um 10,4 Prozent auf rund 297,2 Millionen Euro gestiegen waren. Hauptursache für das gute Ergebnis waren außerordentliche Erträge aus den Aktienfonds. Hier konnten durch den guten Verlauf die Abschreibungen aus den Jahren des Aktiencrashs wieder aufgeholt werden. Das Kapitalanlagevermögen betrug Ende 2005 rund 3,855 Milliarden Euro. Trotz dieser positiven Entwicklung wies der BÄV-Verwaltungschef auf die seit Jahren rückläufige Zinsentwicklung an den Kapitalmärkten hin. So lag die Durchschnittsverzinsung 2005 bei 4,39 Prozent gegenüber 4,79 Prozent im Vorjahr. Sollten die Zinsen über einen längeren Zeitraum unter den Rechnungszins von 4,00 Prozent sinken, könnten die jetzigen Rentenzusagen langfristig nicht eingehalten werden, sagte Wille und hob die Bedeutung der gebildeten Zinsschwankungsreserve hervor (aktuell 75,6 Millionen Euro), die eine nachhaltige Stabilität der Rentenversprechen absichern soll.
Eine positive Entwicklung war auch bei den Verwaltungskosten zu verzeichnen, die sich auf 1,55 Prozent der Beitragseinnahmen beliefen (2004: 1,61 Prozent). Dieser niedrige Satz wird sich den Angaben zufolge im kommenden Jahr wegen der Abschreibung der neuen EDV nicht halten lassen.
Keine Mehrheit für weitere Erhöhung
Nach Ansicht von Volker Pickerodt (Fraktion Gesundheit) ließ das positive Ergebnis des Versorgungswerkes auch eine Rentenerhöhung über die vorgeschlagenen 1,25 Prozent hinaus zu. "Die Gefahr der Längerlebigkeit sehe ich im Augenblick nicht", betonte Pickerodt. Er beantragte deshalb eine Erhöhung um 1,5 Prozent. BÄV-Geschäftsführer Martin Reiss warnte mit Blick auf die bevorstehenden Belastungen davor: "Natürlich kann man einen großen Schluck aus der Pulle nehmen. Doch das Problem der Längerlebigkeit liegt in den jüngeren Generationen. Die jetzt Jüngeren werden immer älter und hierfür benötigt die Rentenversicherung Rücklagen, um die Rentenversprechen auch einhalten zu können." Pickerodts Antrag fand schließlich keine Mehrheit. Die Abgeordneten votierten mehrheitlich für eine Erhöhung um 1,25 Prozent (bei drei Enthaltungen).
Erweiterte Prüfung
Keine Beanstandung an der Arbeit des Verwaltungs- und Aufsichtsausschusses der BÄV fanden die Wirtschaftsprüfer der BSB&R Prüfungsgesellschaft. Die Prüfung war in diesem Jahr erweitert worden. Es wurde neben der Prüfung der Buchführung, des Jahresabschlusses und des Lageberichtes eine eingeschränkte aktuarielle Prüfung des versicherungsmathematischen Gutachtens zum 31. Dezember 2005 in Stichproben durchgeführt. Das interne Kontrollsystem wurde ebenfalls einer Prüfung unterzogen. Der Jahresabschluss war korrekt und der Lagebericht gab den Angaben der Wirtschaftsprüfer zufolge eine zutreffende Vorstellung von der Lage des Versorgungswerkes. Die Entlastung der BÄV-Ausschüsse wurde mehrheitlich (bei fünf Enthaltungen) von den Delegierten angenommen.
Geänderte Rechtsgrundlage
Wie wiederholt berichtet, konnte sich die Ärztekammer im vergangenen Jahr nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Land Berlin mit ihrer Überzeugung durchsetzen, was zur Einrichtung einer staatlichen Ethik-Kommission führte. Am 30. September 2005 endete die Zuständigkeit der Ethik-Kommission der Ärztekammer für die Bewertung von klinischen Arzneimittelprüfungen nach dem Arzneimittelgesetz. Durch diese Neuregelung wurde jetzt eine neue Satzung der Ethik-Kommission bei der Ärztekammer Berlin notwendig, wie Kammer-Geschäftsführer Gerhard Andersen erläuterte. Die Ethik-Kommission der Kammer könne sich nun dem Kerngeschäft zuwenden, nämlich der Beratung von Ärzten, die hinsichtlich geplanter Forschungsvorhaben die Ethik-Kommission zu Rate ziehen. Als weitere rechtliche Grundlagen nannte Andersen das Medizinproduktegesetz, die Röntgenverordnung, die Strahlenschutzverordnung sowie das Transfusionsgesetz. Diese Gesetze sehen die Einschaltung einer Ethik-Kommission vor. Dies müsse in einer neuen Satzung Niederschlag finden. Die Delegierten nahmen einen entsprechenden Antrag bei einer Enthaltung an. Ebenso stimmten die Abgeordneten für eine damit verbundene Straffung der Berufsordnung.
Neue Prüfungsordnung für Medizinische Fachangestellte
Am 1. August 2006 trat die "Verordnung über die Berufsausbildung zum Medizinischen Fachangestellten/zur Medizinischen Fachangestellten" in Kraft. Dies mache eine neue Prüfungsordnung notwendig, erläuterte Regine Held, Vorsitzende des Berufsbildungsausschusses. Neben der geänderten Berufsbezeichnung habe eine andere Gewichtung zwischen theoretischer und praktischer Ausbildung die Anpassung der Prüfungsordnung an die geänderten Rahmenbedingungen erforderlich gemacht. Die Delegierten folgten dem Entwurf des Berufsbildungsausschusses für eine neue Prüfungsordnung ohne Gegenstimme (bei einer Enthaltung).
Abgeordnete für Sonder-Ärztetag
Einstimmig verabschiedeten die Delegierten die Liste der Abgeordneten und deren Vertreter für den außerordentlichen Deutschen Ärztetag am 24. Oktober. Kammerpräsident Günther Jonitz informierte die Delegierten darüber, dass der Vorstand der Bundesärztekammer diesen Ärztetag auf seiner Sitzung am 29. September voraussichtlich beschließen werde.
Gespräch mit SPD-Chef
Daneben berichtete Jonitz von einem Treffen der Ärztekammerpräsidenten mit dem SPD-Vorsitzenden Kurt Beck und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt im Willy-Brandt-Haus am 26. September. Der Kammerpräsident bewertete das Gespräch positiv. Beck sei an einer sachlichen Zusammenarbeit mit den Ärzten interessiert, habe aber gleichzeitig um Verständnis für seine Position geworben. Dem gegenüber hätten einige unsachliche Aussagen der Ministerin gestanden. Ein Schwerpunktthema der Diskussion war die Vergütung. Die Kammerpräsidenten seien mit Beck übereingekommen, den Dialog in naher Zukunft fortzusetzen.