Die September-Sitzung der Delegiertenversammlung stand ganz im Zeichen politischer Stellungnahmen. Klimaschutz, Digitalisierung und Ökonomisierung waren die Themen, mit denen sich die Delegierten beschäftigten.
Von Sascha Rudat
Während das vom Ausschuss Versorgung erarbeitete „Thesenpapier zum Wandel im Gesundheitswesen in Zeiten der Digitalisierung“ ohnehin auf der Tagesordnung stand, kamen eine Resolution zum Klimaschutz und eine weitere mit dem Titel „Freiberuflichkeit statt Kommerzialisierung“ als Tischvorlagen neu hinzu. Die Delegierten stimmten der Änderung der Tagesordnung einstimmig zu, um sich mit diesen Papieren befassen zu können.
Im Anschluss gab die Vizepräsidentin der Ärztekammer Berlin, Regine Held (Allianz Berliner Ärzte), als Leiterin der Sitzung einen Rückblick zum 122. Deutschen Ärztetag in Münster und beleuchtete dabei die Aktivitäten von Berliner Seite.
Außerdem informierte sie darüber, dass eine vierteilige Veranstaltungsreihe zum Thema „Ausbilden leicht gemacht“ geplant sei, die am 30. Oktober 2019 starte. Die kostenfreie Informationsreihe richte sich an erstmals Ausbildende sowie an erfahrene Ausbildende. Diese sollen darin unterstützt werden, ein Ausbildungsverhältnis erfolgreich aufzunehmen, anzuleiten und abzuschließen.
Im Anschluss befassten sich die Delegierten mit dem Tätigkeitsbericht 2018. Dabei diskutierten die Delegierten kurz, ob es sinnvoll sei, den Tätigkeitsbericht künftig auf eine reine Online-Version umzustellen. Vorstandsmitglied Peter Bobbert (Marburger Bund) erklärte, dass man dies im Rahmen der Digitalisierung der Arbeitsabläufe der Kammer prüfen werde. Anschließend verabschiedeten die Delegierten den Tätigkeitsbericht einstimmig.
Danach ging es an die Liste der Prüferinnen und Prüfer für die Weiterbildung. Die DV-Mitglieder hatten sich in ihrer Sitzung im Mai dafür ausgesprochen, die Liste den entsprechenden Ausschüssen zur Überarbeitung zurückzugeben und anschließend der DV zur Beschlussfassung erneut vorzulegen. Die Mitglieder der Weiterbildungsausschüsse seien in die Prüferliste aufgenommen worden. Innerhalb der Weiterbildungsausschüsse habe man sich jedoch dafür ausgesprochen, dass man vom ursprünglichen Procedere nicht abweichen wolle. Somit werden die Prüferinnen und Prüfer nach der Beschlussfassung schriftlich angefragt, ob eine Bereitschaft zur Mitarbeit als Prüferin oder Prüfer besteht. Der Verwaltungsaufwand solle somit nicht unnötig ausgedehnt werden. In der weiteren Diskussion wird die Thematik der Altersstruktur der Prüferinnen und Prüfer erörtert. Hierbei wird deutlich, dass eine strikte Regelaltersgrenze schwierig sei, da Tätigkeiten wie Praxisvertretung oder Honorartätigkeiten Berücksichtigung finden müssten. Wolfgang Kreischer (Hausärzte in Berlin) warnte in diesem Zusammenhang vor Altersdiskriminierung.
Kammergeschäftsführer Michael Hahn verwies auf eine sogenannte Anwendungsregelung, wonach Ärztinnen und Ärzte, die fünf Jahre keine Berufstätigkeit mehr ausgeübt haben, nicht als Prüferinnen oder Prüfer berufen werden. Die Überprüfung der Voraussetzungen sei jedoch schwierig. Die Delegierten sprachen sich für die Anwendung dieser Regelung aus. Die Liste wurde schließlich mehrheitlich, bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung angenommen.
Die nachfolgenden Nachwahlen von Weiterbildungsprüferinnen und -prüfern sowie einem Mitglied der Haushaltskommission wurden einstimmig im Block verabschiedet.
Für eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung
Anschließend stellte Vorstandsmitglied Klaus-Peter Spies (Allianz Berliner Ärzte), Vorsitzender des Ausschusses Versorgung, das Thesenpapier zur Digitalisierung vor. Dabei betonte er, dass das Papier im Konsens mit den Unterausschüssen „Stationäre Versorgung“ und „Ambulante Versorgung“ entstanden sei. Das Thesenpapier definiere Anforderungen, die eine gewachsene Arzt-Patienten-Beziehung auch im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung gewährleisten sollen. Denn dieses vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis dürfe nicht durch die technische Entwicklung gefährdet werden. Vielmehr sollen moderne Datentechniken so eingesetzt werden, dass die Qualität der Behandlung verbessert werde. Die Digitalisierung müsse mit ärztlichem Sachverstand kritisch und konstruktiv begleitet werden, unterstrich Spies. Wie wichtig ein effektiver Datenschutz sei, habe der wenige Tage zuvor aufgedeckte Fall von unkontrolliertem Zugriff auf medizinische Bildarchivierungsserver gezeigt. Der durch ein solches Datenleck verursachte Vertrauensverlust sei auf Seiten der Patientinnen und Patienten immens und nachhaltig. Es sei zudem Aufgabe der Ärzteschaft, darauf zu achten, dass die Digitalisierung zu einem relevanten Zugewinn für die Qualität der Patientenversorgung führt.
Julian Veelken (Fraktion Gesundheit) erklärte dazu: „Das Papier ist ein sehr gelungener erster Aufschlag. Es steckt eine gehörige Skepsis drin. Das kommt sehr gut rüber.“ Nach einigen kleineren redaktionellen Änderungen verabschiedeten die Delegierten das Thesenpapier einstimmig. Das vollständige Thesenpapier ist auf der Website der Ärztekammer Berlin zu finden.
Klimafreundliche Kammer
Peter Bobbert stellte nachfolgend die vom Marburger Bund eingebrachte Resolution mit dem Titel „Klimaschutz ist Gesundheitsschutz – die Ärztekammer Berlin handelt!“ vor und bat um breite Zustimmung. Bobbert erklärte, dass der Zeitpunkt der Resolution bewusst gewählt sei, da zwei Tage später der große globale Klimastreiktag bevorstehe. Daher sollte die Ärztekammer Berlin zeitnah ein Zeichen setzen.
Katharina Thiede (Fraktion Gesundheit) äußerte den Wunsch, weitere Punkte in die Resolution aufzunehmen. Bobbert erwiderte, dass dieses Papier nur ein Signal darstellen könne, eine detaillierte Aufführung von Maßnahmen sei bewusst nicht erfolgt. Die Delegierten wägten daraufhin das Für und Wider einer Ausweitung der Resolution ab. Man verständigte sich auf die Beibehaltung der kompakten Form und beschloss das Papier „1. Resolution“ zu nennen. Bei einer Enthaltung wurde die Resolution einstimmig angenommen.
Die kurzfristig eingebrachte Resolution „Freiberuflichkeit statt Kommerzialisierung“ sorgte im Anschluss für einige Diskussionen. Vielen Delegierten griff das kompakte Papier zu kurz. So vermisste Matthias Brockstedt (Fraktion Gesundheit) einen Hinweis auf Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL). Einige Delegierte sprachen sich für die Ergänzung einer Selbstverpflichtung gegen Kommerzialisierung aus. Eva Müller-Dannecker (Fraktion Gesundheit) betonte: „Ich finde nicht, dass das Papier die nötige Reife hat.“ Vizepräsident Regine Held griff die Bedenken der Delegierten auf und schlug vor, das Papier zur Überarbeitung an den Ausschuss Versorgung zu übergeben. Dem stimmten die Delegierten mehrheitlich bei einer Enthaltung zu.
1. Resolution
Klimaschutz ist Gesundheitsschutz – Die Ärztekammer Berlin handelt!
Der Deutsche Ärztetag 2019 in Münster hat ein klares Signal gesetzt und den Klimawandel als größte Gefahr für die globale Gesundheit benannt.
Die Ärztekammer Berlin stellt sich ihrer Verantwortung: Sie hat bereits 2006 mit ihrer Berliner Ärzteversorgung als erstem institutionellem Geldanleger in Deutschland das Ziel der „Nachhaltigkeit“ zur Überwachung ihrer Geldanlagen eingeführt.
Sie leitet jetzt weitere Schritte ein, um ihren Beitrag zur Reduzierung des von Menschen gemachten Klimawandels zu leisten und setzt sich mit all ihren Möglichkeiten ein, gegenwärtigen und zukünftigen durch den Klimawandel bedingten medizinischen Herausforderungen für die Gesundheitsversorgung der Berliner Bevölkerung erfolgreich zu begegnen.
Gesundheitspolitisches Handeln in diesem Bereich hat für die Ärztekammer Berlin oberste Priorität.
Neben der Fragestellung, wie den durch den Klimawandel bedingten Veränderungen der medizinischen Versorgung der Gesellschaft begegnet werden kann, wird es zusätzliche Aufgabe der Ärztekammer Berlin sein, Wege zu beschreiben, um auch die Arbeit des stationären wie ambulanten Gesundheitssektors der Stadt Berlin klimaneutral zu gestalten.
Der Klimaneutralität fühlt sich die Ärztekammer Berlin verpflichtet. Daher wird sie zeitnah Maßnahmen ergreifen, um die Arbeit der gesamten Ärztekammer Berlin klimafreundlicher zu organisieren.
Erste Schritte zum Ziel der klimaneutralen Ärztekammer Berlin werden direkt umgesetzt. Hierzu gehört auch, die Gremienarbeit der Kammer zukünftig papierlos zu organisieren. Der aktuelle Energieverbrauch der Kammer wird analysiert, um ihn weiter zu optimieren. Die zukünftige alleinige Nutzung von erneuerbaren Energien ist genauso unausweichlich wie die Nutzung von CO2-sparsameren Verkehrsmitteln.
Der Klimawandel ist kein theoretischer Prozess, sondern ein ganz handfestes, dringliches und wissenschaftlich erwiesenes Problem der Gegenwart. Die Zeit für Lösungen ist gekommen. Die Ärztekammer Berlin handelt!
Die nächste Sitzung der Delegiertenversammlung findet am 27. November 2019 um 20 Uhr in der Ärztekammer Berlin statt. Die Sitzung ist kammeröffentlich.