Hauptstadtflughafen BER: Ärztekammer Berlin warnt vor mangelhafter notfallmedizinischer Versorgung

Pressemitteilung

Kammerpräsident Jonitz: Flughafenbetreibergesellschaft sowie Bund und Länder müssen sich ihrer Verantwortung stellen.

Dem künftigen Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) drohen nach Ansicht der Ärztekammer Berlin massive Lücken in der medizinischen Versorgung von Fluggästen und Angestellten. Gleichzeitig ist der Hauptstadtflughafen nach jetzigem Planungsstand nicht ausreichend für mögliche Katastrophenfälle vorbereitet. Das ergaben Recherchen der Kammerzeitschrift BERLINER ÄRZTE, die in ihrer aktuellen Ausgabe den Flughafen unter die Lupe nimmt. "Das bekannte Chaos rund um den Flughafen setzt sich im Bereich der medizinischen Versorgung nahtlos fort", erklärt Kammerpräsident Dr. med. Günther Jonitz, "die Betreibergesellschaft FBB und deren Anteilseigner Berlin, Brandenburg und der Bund müssen sich hier gemeinsam ihrer Verantwortung stellen. Es kann nicht sein, dass der Landkreis Dahme-Spreewald mit Verwaltungssitz in Lübben letztverantwortlich für die medizinische Versorgung des künftigen Hauptstadtflughafens ist."

So ist angedacht, auch in Zukunft nur einen Rettungswagen (RTW) mit einem Rettungssanitäter und einem Rettungsassistenten auf dem Flughafengelände zu stationieren - bei rund 20.000 Angestellten und 75.000 Fluggästen täglich. Zum Vergleich: Der Airport Frankfurt/Main hat ständig drei bis vier RTW vor Ort. Hinzu kommt, dass Patienten auf dem Weg ins Krankenhaus am Flughafentor in einen RTW der Johanniter-Unfall-Hilfe umsteigen müssen. Nach dem brandenburgischen Feuerwehrgesetz dürfen Flughafen-RTW nicht am Rettungsdienst des Landes teilnehmen. "Dabei geht für schwer erkrankte Patienten wertvolle Zeit verloren. Für alle anderen Notfälle, die nicht zwingend der Krankenhausbehandlung bedürfen, ist es sinnvoller, auf dem Flughafengelände entsprechend Ärzte und Einrichtungen vorzuhalten, um Patienten rund um die Uhr schnell und adäquat ambulant versorgen zu können", betont Dr. med. Werner Wyrwich, Vorstandsmitglied und Vorsitzender des Arbeitskreises Interdisziplinäre Notaufnahmen und Notfallmedizin der Ärztekammer Berlin. Doch mögliche Investoren für ein Gesundheitszentrum haben sich inzwischen zurückgezogen, Ersatz ist nicht in Sicht.

Im Katastrophenfall wie der Notlandung eines Flugzeugs mit mehr als 20 Betroffenen schickt die zuständige Regionalleitstelle in Cottbus mindestens 16 RTW los. Allerdings verfügt Dahme-Spreewald nur über 15 im ganzen Landkreis verteilte RTW, so dass über Amtshilfe weitere Rettungswagen angefordert werden müssen. Die Berliner Feuerwehr sichert für diesen Fall vier RTW und zwei Notarzteinsatzfahrzeuge (NEF) zu - aber nur, wenn diese nicht anderweitig in Berlin gebraucht werden. "Für den Katastrophenfall mit vielen Verletzten ist diese Regelung absolut unzureichend. Durch lange Anfahrtswege und verteilte Kompetenzen könnten Menschenleben gefährdet werden. Hier müssen sich Berlin und Brandenburg sowie der Bund schnell auf Sonderregelungen verständigen und notwendige Ressourcen bereitstellen", fordert Wyrwich.

Gleiches gilt für den Seuchenfall, für den der BER als so genannter Sanitätsflughafen besonders gerüstet sein soll. Kommt eine Maschine mit mutmaßlich infizierten Passagieren an, müssen Mitarbeiter des Gesundheitsamtes aus Lübben nach Schönefeld kommen. Ein Tropenmediziner ist auf dem Flughafen oder in dessen Nähe bislang nicht vorgesehen.

"Vor dem Hintergrund, dass der Hauptstadtflughafen bereits im Jahr 2011 an den Start gehen sollte, ist der Stand der bisherigen Planung im Bereich der medizinischen Versorgung erschreckend. Hier müssen die Verantwortlichen dringend nachbessern, um zur Eröffnung des Flughafens eine umfassende medizinische Versorgung von Fluggästen, Mitarbeitern und Besuchern sicherzustellen. Die Ärztekammer Berlin steht dabei gerne mit ihrem Rat zur Verfügung", fügt Kammerpräsident Jonitz hinzu.

Weitere Informationen:

Das vollständige Titelthema der Kammerzeitschrift BERLINER ÄRZTE 12/2013 "Patient BER: Der Hauptstadtflughafen und die Notfallmedizin" können Sie hier nachlesen.

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