Kritische Diskussion zur Weiterbildungsreform

DV-Bericht

Bericht von der Delegiertenversammlung am 15. Februar 2017

Die Novelle der Musterweiterbildungsordnung (MWbO) gehört neben der GOÄ-Reform zu den großen Baustellen der Bundesärztekammer. Das Ziel, die MWbO neu auf den Erwerb von Kompetenzen auszurichten, ist keine kleine Aufgabe. Die Landesärztekammern wie auch Fachgesellschaften und Berufsverbände bringen sich bei der Novelle ein. Die Berliner Delegierten konnten sich in ihrer Februar-Sitzung über den Sachstand informieren und im Anschluss intensiv darüber diskutieren. Außerdem nahmen die Delegierten den Bericht des Ombudsmanns für Weiterbildungsfragen zur Kenntnis und wählten Mitglieder in zwei Weiterbildungsausschüssen nach. Daneben wurden die Berliner Delegierten für den 120. Deutschen Ärztetag im Mai in Freiburg gewählt.

Von Sascha Rudat

Den Sachstand zur Novelle der MWbO erläuterte den Delegierten die Leiterin der Abteilung Weiterbildung/Ärztliche Berufsausübung, Catharina Döring-Wimberg, in einem Vortrag. Sie erinnerte zunächst an den 116. Deutschen Ärztetag 2013. Damals hatte Franz Bartmann, zuständiges Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer, erstmals die Ziele der Novelle formuliert, wie zum Beispiel eine kompetenzbasierte Weiterbildung, eine stärkere inhaltliche und weniger zeitliche Orientierung, die Stärkung der ambulanten Weiterbildung, sowie die Schaffung von Möglichkeiten für eine berufsbegleitende Weiterbildung.

Wie sie weiter ausführte, war der ursprüngliche Zeitplan – u.a. durch die umfassende Einbindung der Fachgesellschaften und Berufsverbände – nicht zu halten gewesen. Bei den zu Beginn eingeholten Vorschlägen der Fachgesellschaften wäre die Zuordnung zu den Ebenen schwierig gewesen, zudem sei eine unterschiedliche Nomenklatur verwendet worden, und auch die Detailtiefe sei sehr variabel gewesen. Daraufhin habe man beschlossen, die Novelle neu aufzusetzen. Dazu wurden durch kleinere Expertengruppen aus den Landesärztekammern vier Positivmodelle zu den Bezeichnungen Allgemeinmedizin, Orthopädie und Unfallchirurgie, Kinder- und Jugendmedizin und Radiologie entwickelt. Danach wurden durch Unterarbeitsgruppen weitere Musterbeispiele erarbeiten. Wie Döring-Wimberg weiter erläuterte, hat die Ärztekammer Berlin Vertreter in Unterarbeitsgruppen entsandt. Im Sommer 2016 wurden die erarbeiteten Ergebnisse, die sogenannte Version 2 für insgesamt 61 Bezeichnungen des Teils B der MWbO, auf die elektronische Plattform WIKI-BÄK zur Sichtung und Kommentierung eingestellt.

Bei der aktuell geplanten MWbO-Novelle soll die Systematik der bisherigen MWbO beibehalten werden. Dazu gehören der Paragrafenteil als Teil A wie auch die bekannten Teile B und C mit den Facharzt-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen. Ergänzend sollen hinzukommen: für die berufsbegleitende Weiterbildung ein neuer Teil D, das Glossar und überarbeitete Allgemeine Inhalte. Zusätzlich sollen Modellbücher die zu erwerbenden Inhalte detailliert beschreiben. Des Weiteren erhält das für die Dokumentation der Weiterbildung zu nutzende Logbuch ein neues Format, wodurch auch der Prozess der Weiterbildung abbildbar werden soll. Angestrebt sei zudem, das Logbuch als elektronisches Logbuch zu entwickeln, anstatt es wie bisher nur in Papierform anzubieten.

Neu wird auch die Systematik in den Bezeichnungen gestaltet sein. Weiterbildungsblöcke werden danach vorgegeben und entsprechend für jedes Fach mit den Spezifika befüllt. Die bisher angedachten drei Weiterbildungsmodi sind auf zwei reduziert worden: „Kennen und Können“ und „Beherrschen“.

Im Anschluss ging Catharina Döring-Wimberg auf den aktuellen Zeitplan der Novelle ein. Nachdem die „Version 2“ am 30.05.2016 in WIKI-BÄK eingestellt worden war, sei eine Kommentierung durch die Landesärztekammern – nach Verlängerung – bis Februar 2017 möglich gewesen. Der mit hohem Aufwand erarbeiteten Kommentierung habe der Vorstand der Ärztekammer Berlin im Januar dieses Jahres zugestimmt, so dass diese termingerecht an die BÄK übermittelt werden konnte. Parallel zu diesem Zeitraum sei die Kommentierung durch die Fachgesellschaften bis Dezember 2016 erfolgt (Version 2a). Offen sei, wann eine Befassung mit dieser Version 2a möglich sei, erklärte Döring-Wimberg. Außerdem wurde sich bislang noch nicht mit den Teilen C und D befasst. Erstaunt sei sie zudem darüber, dass nicht alle Landesärztekammern die Möglichkeit zur Kommentierung genutzt hätten. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, betonte sie.

Auf dem bevorstehenden 120. Deutschen Ärztetag in Freiburg war von Franz Bartmann angedacht, den „Kopfteil“ des Abschnittes B ohne WB-Inhalte sowie Allgemeine Inhalte und das Glossar beschließen zu lassen. Ob es dazu kommen wird, werden die demnächst stattfindenden Sitzungen zeigen. Parallel sollen die Erarbeitung und Kommentierung der Abschnitte A, C, D und der neuen Bezeichnungen sowie des Logbuchs und des Modellbuchs laufen. Fraglich ist, inwieweit ein Beschluss der neuen MWbO auf dem Deutschen Ärztetag 2018, wie es von Franz Bartmann gewünscht wird, realisierbar ist.

Im Weiteren macht Catharina Döring-Wimberg Ausführungen zu den Weiterbildungszeiten. Die Novellierung sollte das Ziel verfolgen, die Weiterbildung vorwiegend über Inhalte und weniger über Zeiten zu definieren. Aus Sicht der Bundesärztekammer werde eine Minimalvariante der Weiterbildungszeiten angestrebt. Die Fachvertreter sind vielfach zu dem Schluss gekommen, dass eine Festlegung der wesentlichen Weiterbildungszeiten wichtig ist für die Transparenz und Orientierung und hilfreich für die Planung der Weiterbildung sei. Die Weiterbildung in Gänze auf Inhalte zu beschränken und die Anerkennungszeiten zu stark zu minimieren, sei schwer vorstellbar.

MWbO: Abkehr von der Kompetenzbasierung

In der anschließenden Diskussion äußerte der Vorsitzende des Gemeinsamen Weiterbildungsausschusses, Klaus Thierse (Marburger Bund), seine Zweifel, dass der angestrebte Zeitplan der Novelle MWbO zu halten sei. Er gab außerdem zu bedenken, dass man bei der ganzen Diskussion um die neue Weiterbildungsordnung auch an EU-Recht gebunden sei. „Es ist eine idealistische Vorstellung, dass man mehr auf Inhalte und weniger auf die Zeiten abzielt.“ Bei dem in der Vergangenheit vorgebrachten Vorschlag einer einheitlichen Reduktion auf 5 Jahre Weiterbildungszeit habe es einen großen Aufschrei in den Fachgesellschaften gegeben.

Eva Müller-Dannecker (Fraktion Gesundheit) vermisste in dem vorliegenden Entwurf die ursprünglich zentrale Kompetenzbasierung. „Was ist davon übrig geblieben?!“, fragte sie. Dem schloss sich Julian Veelken (Fraktion Gesundheit) an: „Die Kompetenzbasierung ist unter die Räder gekommen.“ Er könne aber seinen Frieden mit der Novelle der MWbO machen, wenn man sich davon verabschiede, dass es ein großer Wurf werde. „Meine Hoffnung geht zur nächsten Weiterbildungsordnung“, erklärte er.

Kammerpräsident Günther Jonitz (Marburger Bund) bat darum, entsprechende Anträge auf dem 120. Deutschen Ärztetag einzubringen, denn nur so könne etwas verändert werden. Eine gewisse Resignation, die in verschiedenen Redebeiträgen mitschwang, sei nicht hilfreich, so sein Appell an die Delegierten. Er empfahl zudem, neue bessere Lösungen zu entwickeln und diese in Berlin im Interesse der Kollegen einzuführen. In der weiteren Diskussion tauschten sich die Delegierten über die Sinnhaftigkeit der zwei Weiterbildungsmodi „Kennen und Können“ und „Beherrschen“ aus.

Jonitz bedankte sich für die Diskussion, die schon entscheidend zur Meinungsbildung im Vorfeld des Deutschen Ärztetages beigetragen habe. Er hob die monate- und jahrelange Gremienarbeit lobend hervor, die zu diesem Thema geleistet worden war.

Ombudsmann für Weiterbildungsfragen

Anschließend wurde der Bericht des Ombudsmanns für Weiterbildungsfragen, Johannes Bruns, von den Delegierten zur Kenntnis genommen. Dieser lag den Delegierten schriftlich vor, da Bruns nicht anwesend sein konnte. Laut des Berichts gingen im vergangenen Jahr zehn Anfragen per E-Mail beim Ombudsmann ein. Einige der Probleme seien per Telefonanruf mit den Weiterzubildenden beratend geklärt und gelöst worden. Die Themen gleichwertige Weiterbildung wie auch Anerkennungserwerb nach abgelaufenen Fristen beschäftigten einige Weiterzubildende. Diese Anfragen habe er an die zuständigen Weiterbildungsausschüsse der Kammer verwiesen.

Des Weiteren wandte sich dem Bericht zufolge eine Ärztin hinsichtlich der Anerkennung von Weiterbildungszeiten für den Erwerb der Facharztqualifikation Öffentliches Gesundheitswesen an den Ombudsmann. Der Vorgang befinde sich derzeit im Widerspruchsverfahren bei der zuständigen Widerspruchsstelle.

Im Zusammenhang mit der Weiterbildung in der Notfallmedizin fand neben einem Telefonat mit dem Arzt in Weiterbildung auch ein längeres, persönliches Gespräch mit dem Weiterbilder in seiner Klinik statt, so dass die Angelegenheit geklärt werden konnte, wie Bruns berichtete.

Kontakt

Ärztinnen und Ärzte können sich unter folgenden Kontaktdaten an den Ombudsmann wenden:
E-Mail: ombudsmann@aekb.de
Tel.: 030 40806-1101 (Sekretariat Abteilung Weiterbildung/Ärztliche Berufsausübung)

Ärztekammer Berlin
Ombudsmann
Friedrichstr. 16
10969 Berlin

Von Seiten der Delegierten gab es keinen Diskussionsbedarf zum Bericht des Ombudsmannes.

Nachfolgend wurden in die Weiterbildungsausschüsse II und V jeweils ein neues Mitglied gewählt. In den WbA II wurde die Hausärztin und ÄKB-Vorstandsmitglied Bettina Linder gewählt. In den WbA V wurde Holger Rüssmann, Ärztlicher Direktor des Helios-Klinikums Emil von Behring und Leiter des Instituts für Mikrobiologie, Immunologie und Laboratoriumsmedizin, gewählt. Beide Wahlen erfolgten einstimmig.

16 Delegierte für Freiburg

Die Ärztekammer Berlin kann 16 Delegierte zum 120. Deutschen Ärztetag entsenden. Zur vorgelegten Liste gab es keinen Diskussionsbedarf. Sie wurde einstimmig verabschiedet.

Als Delegierte bzw. deren Stellvertreter zum 120. Deutschen Ärztetag 2017 in Freiburg werden von der Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin benannt:

Liste

Delegierter

Stellvertreter

1.) Allianz Berliner Ärzte

Dr. med. Klaus-Peter Spies

Dr. med. Bernd Müller

2.) Allianz Berliner Ärzte

Dr. med. Matthias Lohaus

Dr. med. Regine Held

3.) Allianz Berliner Ärzte

Dr. med. Roland Urban

Helmut Mälzer

4.) Allianz Berliner Ärzte

Dr. med. Hans-Detlef Dewitz

Dr. med. Sabine Krebs

5.) Allianz Berliner Ärzte

Ralph Drochner

Dr. med. Florian Garbe

6.) Hartmannbund

Dr. med. Christian Messer

Dr. med. Daniel Peukert

7.) Fraktion Gesundheit

Julian Veelken

Dr. med. Herbert Menzel

8.) Fraktion Gesundheit

Katharina Thiede

Dr. med. Stefan Hochfeld

9.) Fraktion Gesundheit

Dr. med. Erich Huber

Michael Janßen

10.) Fraktion Gesundheit

Dr. med. Eva Müller-Dannecker

Tim Ulrich

11.) Hausärzte in Berlin

Dr. med. Gabriela Stempor

Bettina Linder

12.) Marburger Bund

PD Dr. med. Peter Bobbert

Dorothea Spring

13.) Marburger Bund

Dr. med. Thomas Werner

Dr. med. Raimund Ordyniak

14) Marburger Bund

Dr. med. Klaus Thierse

Dr. med. Valerie Kirchberger

15.) Marburger Bund

Dr. med. Matthias Albrecht

Dr. med. Anja Dippmann

16.) Marburger Bund

Kai Sostmann

Dr. med. Werner Wyrwich