Neue Beitragsordnung verabschiedet - DV bezieht Stellung zum Fall von Prof. Schiffter - Arzthelfer/-innen: Überbetrieblicher Ausbildungsabschnitt beschlossen

DV-Bericht

Bericht von der Delegiertenversammlung am 11. September 2002

Die neue Beitragsordnung

Die Delegiertenversammlung stimmte dem Entwurf des Vorstandes für eine neue Beitragsordnung, vorgestellt von Schatzmeister Dr. Rudolf Fitzner, mit großer Mehrheit zu.

Folgendes wurde geändert:

Nur noch zwei Beitragsgruppen

Künftig gibt es nur noch zwei Beitragsgruppen. Die B für alle ärztlich tätigen Kammermitglieder und die A zur formalen Erfassung aller von Beitragszahlungen befreiten Ärzte (Rentner, Arbeitslose oder berufsfremd Tätige). Die Beitragsgruppen C (Öffentlicher Dienst) und D (Grundlagenforschung) entfallen künftig.

Pro Kind eine Beitragsstufe runter

Ärzte mit Kindern erfahren eine deutliche Beitragsentlastung. Für jedes Kind wird der Arzt/die Ärztin eine Beitragsstufe heruntergestuft. Kinder können bis zum Ende des 26. Lebensjahres angerechnet werden, allerdings nur, sofern sie noch - analog zum Steuerrecht - für ihren Lebensunterhalt die Unterstützung der Eltern brauchen. Bislang konnten Ärzte mit Kindern den in der Einkommenssteuererklärung angegebenen Kinderfreibetrag beim Kammerbeitrag in Abzug bringen. Die Regelung war kompliziert und erforderte viel Hin und Her zwischen Beitragsreferat und Ärzten. Die Methode „ein Kind = eine Beitragsstufe runter" vereinfacht das Verfahren und bringt Ärzten deutlich mehr Entlastung als der frühere Freibetrag.

Freuen können sich hier auch Alleinerziehende. Sie konnten beim Freibetrag in der Regel nur „das halbe Kind" in die Rechnung einbringen. Jetzt gilt: ob noch jemand Unterhalt für das Kind zahlt ist unerheblich. Kind ist Kind und senkt den Beitrag.

Anrechnung von Gewerbeeinnahmen aus ärztlicher Tätigkeit

Einbezogen werden in den Beitrag jetzt auch Einkünfte aus Gewerbebetrieben. Hier allerdings nur aus solchen, für die man seine medizinischen Kenntnisse nutzt. Hierzu gehören zum Beispiel Gutachtertätigkeiten, Kontaktlinsenanpassungen oder Laboruntersuchungen. Angerechnet werden müssen die nach Abzug der Betriebsausgaben verbleibenden Einnahmen. Diese Regelung wurde eingeführt, um der Systematik des Steuerrechts zu folgen, das Gutachtertätigkeiten jetzt auch als „Gewerbebetrieb" bezeichnet.

Beibehalten wurden die Beitragsstufen, die mit unterschiedlichen Promillesätzen in allen Beitragsgruppen gelten. Sie entlasten niedrigere Einkommen besonders stark und steigen an, je mehr Ärzte verdienen. Besondere Entlastungen wirken sich bis zu einem Jahreseinkommen von 90.000 DM aus. Für Durchschnittsverdiener bis zu den Spitzeneinkommen gilt dann ein etwas höherer Promillesatz.

Die neue Beitragsordnung muss noch von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz genehmigt werden. Wenn dies der Fall ist, tritt sie mit Wirkung zum 1.1.2003 in Kraft. Sie bezieht sich dann erstmals auf die Einkünfte des Jahres 2001.

DV positioniert sich zum Fall Schiffter

Die Delegierten verabschiedeten eine Resolution zu den aktuellen Ereignissen rund um den Fall des Neurologie-Chefarztes Prof. Roland Schiffter aus dem Auguste-Viktoria-Klinikum (Vivantes). Er war von der Unternehmensleitung von seiner Position enthoben worden, nachdem er in einem Schreiben an seinen Ärztlichen Direktor bekannt gab, dass er die Personalsituation in seiner Abteilung fachlich nicht mehr verantworten könne. Er hatte diesen Brief in Kopie auch Gesundheitssenatorin Knake-Werner und Ärztekammerpräsident Jonitz zukommen lassen. Dieser hatte sich nach einem längeren Gespräch mit Schiffter des Falles angenommen und dem Chefarzt für sein mutiges Verhalten öffentlich den Rücken gestärkt. In einer Presseerklärung kritisierte die Kammer das rigide Vorgehen der Vivantes-Unternehmensleitung. Die Resolution lautet wie folgt:

"Die Delegiertenversammlung fordert Herrn Schäfer, den Geschäftsführer der landeseigenen Vivantes GmbH auf, unverzüglich die beim Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg beantragte sofortige Beendigung der Zuweisung von Herrn Prof. Schiffter rückgängig zu machen.

Mit dieser Forderung setzt sich die Delegiertenversammlung dafür ein, dass in den Berliner Krankenhäusern eine kollegiale Streitkultur möglich sein muss, wenn es um die Belange der bedarfsgerechten Patientenversorgung geht. Sie wendet sich gegen jeden disziplinarischen Versuch der Unterdrückung von Meinungsfreiheit.

Die Delegiertenversammlung spricht Herrn Prof. Schiffter für sein couragiertes Auftreten ihre Anerkennung aus und fordert alle Kollegen auf, „im Interessenkonflikt zwischen treuhänderischer Moral auf der einen Seite und Einkommen und Loyalität zur Institution auf der anderen Seite" (siehe Hagen Kühn: Ökonomisierung des Arztberufes, BERLINER ÄRZTE 7/2002) sich mit ebensolcher Zivilcourage wie Herr Schiffter für die ihnen anvertrauten schutzbedürftigen Patienten zu entscheiden.

Die Delegiertenversammlung fordert den Aufsichtsrat und das Land Berlin als Gesellschafter der Vivantes GmbH auf, sich der Angelegenheit anzunehmen und dies zu klären sowie sich dafür einzusetzen, bestehende Kommunikationsprobleme zu lösen."

Überbetriebliche Ausbildung für Arzthelferinnen

Für die Arzthelferinnen-Ausbildung wurden ab dem kommenden Jahr umfangreiche Veränderungen beschlossen. Um die Qualität der Ausbildung zu verbessern, wird ein überbetrieblicher Ausbildungsabschnitt von drei Wochen eingeführt (pro Lehrjahr in Form eines einwöchigen Blockseminars). Darin werden den Arzthelferinnen praktische Kenntnisse vermittelt, die bislang weder die Berufsschule, noch alle Arztpraxen zwingend abdecken konnten. Hierzu gehören zum Beispiel Verbände, EKGs, Kommunikation und Umgang mit Patienten oder Erste Hilfe bei Notfällen.

Vorstandsmitglied Dr. Regine Held und Referatsleiterin Jeanne Nicklas-Faust stellten den Delegierten das Konzept vor. Für die Finanzierung des Blockseminars entschieden sich die Delegierten für ein fifty-fifty-Modell. Die pro Kurs entstehenden Kosten von 150 Euro werden künftig zur Hälfte die Ausbilder selbst und zur anderen Hälfte die Ärztekammer Berlin tragen. Zudem wird eine Standardisierung der Prüfungsfragen in den Abschlussprüfungen eingeführt. BERLINER ÄRZTE informiert in seinem Heft 12/2002 ausführlich über die Neuerungen.