Im Vorfeld des 121. Deutschen Ärztetages im Mai beschäftigten sich die Berliner Delegierten intensiv mit dem neuen Berufsfeld des „Physician Assistant“ (s. auch Titelthema „Studieren, um zu dienen?“ in Heft 3/2018). Und wieder zeigte sich, dass der aufkommende Assistenzberuf höchst umstritten ist. Daneben verabschiedete die Delegiertenversammlung die neue Wahlordnung der Ärztekammer Berlin. Weitere Themen waren die Nachwahlen von Weiterbildungsprüfern und einer Prüferin für die Fachsprachprüfung. Außerdem wurde ebenfalls vorbereitend für den Deutschen Ärztetag die Finanzierung des Lern- und GeDenkOrtes Alt Rehse (Mecklenburg-Vorpommern) durch die Ärzteschaft erneut thematisiert.
Von Sascha Rudat
Zu Beginn begrüßte Kammervizepräsidentin Regine Held (Allianz Berliner Ärzte), die in Vertretung von Kammerpräsident Günther Jonitz die Sitzung leitete, die neue Delegierte Christiane Erley. Die Internistin ist Chefärztin am St. Joseph Krankenhaus und ergänzt anstelle der ausgeschiedenen Hannah Arnold den Marburger Bund.
Unter dem Tagesordnungspunkt Anfragen bedankte sich Hans-Detlef Dewitz (Allianz Berliner Ärzte) für die schriftliche Beantwortung seiner Anfrage zum Prüfungsgeschehen der Medizinischen Fachangestellten (MFA) in den vergangenen Jahren. Regine Held wies als zuständiges Vorstandsmitglied in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Kammer demnächst Werbematerial für die Ausbildung zur/ zum MFA interessierten Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung stellen wird.
Schwierige Wahlordnung
Im Anschluss befassten sich die Delegierten erneut mit der Ordnung für die Wahl zur Delegiertenversammlung. Die Neufassung der Wahlordnung war notwendig geworden, um eine saubere und zeitgemäße Rechtsgrundlage für die Wahlen zum Berliner Ärzteparlament zu erhalten. Die Delegiertenversammlung hatte bereits im September des vergangenen Jahres eine Neufassung beschlossen, die jedoch von der Senatsverwaltung in einigen Punkten als nicht genehmigungsfähig eingestuft worden war. Es wurde u.a. eine Anpassung des Textes an die Landeswahlordnung gefordert. Die jetzt vorliegende Fassung, so Abteilungsleiter Christoph Röhrig, sei aber genehmigungsfähig: „Das ist uns von der Senatsverwaltung signalisiert worden“.
Knackpunkt bleibt allerdings § 17 der Wahlordnung als eine zentrale Norm der Neufassung. Die Vorschrift regelt mit dem Ziel der Erhöhung der Wahlbeteiligung die Unterstützung der politischen Willensbildung der Wahlvorschläge (Listen) durch die Ärztekammer Berlin. Dazu gehörte nach dem Beschluss der Wahlordnung im September des vergangenen Jahres auch ein Anspruch der Listen, von der Kammer Daten der Kammermitglieder zum Zwecke der Wahlwerbung zu erhalten. Bei der Beschlussfassung im September 2017 war man noch davon ausgegangen, dass die notwendige kammergesetzliche Grundlage zeitgerecht in Kraft treten wird. Das Gesetzgebungsverfahren, so Röhrig, habe sich aber erheblich verzögert. Nach gegenwärtiger Information liege dem Abgeordnetenhaus das neue Berliner Heilberufekammergesetz Ende Juni in 2. Lesung vor; ob es in der Sitzung beschlossen werde, sei aber ungewiss. Aus diesem Grund wurde den Delegierten neben der Neufassung der Wahlordnung als Vorratsbeschluss auch eine 1. Änderung der Wahlordnung zur Abstimmung vorgelegt. Diese soll dem Senat unmittelbar im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des neuen Heilberufekammergesetzes zur Genehmigung vorgelegt werden. Der Vorratsbeschluss sei für den Fall, dass das neue Gesetz mit der erwarteten Regelung zur Thematik Datenverwendung in Kraft trete, laut Senatsverwaltung ebenfalls genehmigungsfähig, sagte Röhrig.
Klaus-Peter Spies (Allianz Berliner Ärzte) fragt an, wie mit der Datenverwaltung seitens der Ärztekammer Berlin umgegangen werde, wenn das neue Berliner Heilberufekammergesetz nicht rechtzeitig in Kraft trete. Christoph Röhrig erklärte, dass man für diesen Fall auf das Verfahren der vergangenen Wahl zurückgreife, bei dem ein Datentreuhänder eingesetzt wurde. Katharina Thiede (Fraktion Gesundheit) äußerte Bedenken. Den Listen müsse ausreichend Zeit für die vorbereitende Organisation bleiben. Sie plädierte dafür, das neue Verfahren für diese Wahlperiode auszusetzen. „Dann haben wir klare Verhältnisse“, betonte sie. Röhrig antwortete, dass die Zeit in der Tat sehr knapp sei. Er wies ergänzend darauf hin, dass man nach den gesetzlichen Vorgaben die Kammermitglieder im Vorlauf über die Datenverwendung informieren müsse. Zudem müssten sie ausreichend Zeit haben zu widersprechen. Julian Veelken (Fraktion Gesundheit) forderte, dass das Modell der Datentreuhänderschaft weiterhin möglich sein muss. „Es macht einen Unterschied, ob die Daten bei einem Treuhänder liegen oder auf Rechnern von Listensprechern“, führte er datenschutzrechtliche Bedenken an.
Röhrig antwortete, dass man die vertragliche Bindung eines neuen Datentreuhänders an die Ärztekammer Berlin derzeit nicht nur als Plan B betreibe. Allerdings werde, wenn die entsprechenden Regelungen des Gesetzes und der Wahlordnung in Kraft träten, ein Rechtsanspruch der Wahlvorschläge auf Herausgabe der Daten gegen die Kammer entstehen. Der Vorstand sei am Ende dafür zuständig, in Abstimmung mit dem Wahlausschuss ein angemessenes und rechtlich tragfähiges Unterstützungspaket zu schnüren. Er gehe davon aus, dass das Modell der Datentreuhänderschaft – auch mit Blick auf die in der Delegiertenversammlung geführten Diskussionen – in die möglichen Unterstützungsoptionen einbezogen werde. In der anschließenden Abstimmung stimmten die Delegierten mehrheitlich bei fünf Enthaltungen für die neue Wahlordnung und die 1. Änderung der Wahlordnung (Vorratsbeschluss).
PA in der Diskussion
In Vorbereitungen auf den 121. Deutschen Ärztetag im Mai in Erfurt befassten sich die Delegierten mit dem neuen Berufsfeld des Physician Assistant (PA). Dazu hatte Vorstandsmitglied Peter Bobbert (Marburger Bund) eine Präsentation vorbereitet, um den Status Quo deutlich zu machen. Außerdem war den Delegierten ein von der Kammer erarbeitetes Papier vorgelegt worden, dass als Grundlage für Anträge auf dem Deutschen Ärztetage dienen kann.
„Der PA ist Realität“, sagte Bobbert und verwies auf die steigenden Ausbildungszahlen und den wachsenden Einsatz in deutschen Kliniken. Alle Deutsche Ärztetage der vergangenen Jahre hätten sich gegen eine Substitution ärztlicher Leistungen ausgesprochen. Doch auch wenn man ausschließlich Delegation statt Substitution wolle, werde es nicht einfacher. „Bei der Delegation scheiden sich die Geister, das ist enorm komplex“, betonte Bobbert. Das beim 120. Deutschen Ärztetag im vergangenen Jahr beschlossene Delegationsmodell – vorgelegt von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung – habe im Kompetenzkatalog durchaus einige problematische Stellen, erklärte Bobbert.
Julian Veelken bedankte sich für die Zusammenstellung und warnte erneut ausdrücklich vor der flächendeckenden Einführung des PA. Die Vorstellung, durch den Einsatz von PA würden Kapazitäten bei Klinikärzten frei, sich stärker um ihre eigentlichen ärztlichen Tätigkeiten kümmern zu können, nannte er einen „versuchten Eintrag ins Poesie-Album“. Wie schon der Vergangenheit würden derartige Spielräume von Klinikleitungen dazu genutzt, Arztstellen abzubauen. Katharina Thiede pflichtete ihm bei und erklärte, die Ärzteschaft sollte den Beruf des PA nicht mitgestalten, sondern grundsätzlich ablehnen. Sie bedankte sich für die klar formulierte Zuarbeit von der Kammer. Eva Müller-Dannecker (Fraktion Gesundheit) erklärte hingegen: „Wenn wir uns nicht bewegen, werden wir bewegt. Wir können uns vor der Debatte nicht verschließen. Wir haben einen riesigen Pflegemangel, wir müssen Perspektiven bieten. Von daher bin ich für den PA.“ Klaus Thierse (Marburger Bund) warnte vor einem Qualitätsverlust: „Mit dem PA drücken wir den Qualitätsstandard unter alles, was wir jetzt haben.“
Peter Bobbert plädierte hingegen dafür, die Ausgestaltung des PA unter ärztliche Führung zu stellen. „Der Kern des Modells PA ist erstmal gut. Wie er ausgestaltet ist, steht auf einem anderen Blatt. Wir Ärzte wollen die PA ausbilden und in der Praxis weiterführen.“ Er sprach sich dafür aus, über den Gesetzgeber darauf einzuwirken, den Wildwuchs in der Ausbildung und im Einsatz von PA zu begrenzen.
Thomas Werner (Marburger Bund) erklärte, es gebe eigentlich schon genug Berufe für nicht-ärztliche Tätigkeiten. Das Problem sei vielmehr, dass es zu wenig Ärzte in der Versorgung gebe. Er zeigte sich überzeugt, dass die Weiterbildung unter dem Einsatz von PA in den Kliniken leiden werde.
Regine Held und Klaus-Peter Spies (beide Allianz Berliner Ärzte) sprachen sich für eine Abschaffung des PA aus und schlugen vor, das vorliegende Papier als Grundlage für einen Antrag beim Deutschen Ärztetag zu nutzen.
Finanzierung von Alt Rehse
Erneut befassten sich die Delegierten mit dem Lern- und GeDenkOrt Alt Rehse, wo zwischen 1935 und 1941 die Nationalsozialisten ein ganzes Dorf für die „Führerschule der Deutschen Ärzteschaft“ umgestaltet hatten. Dazu hatte der Kammervorstand den Delegierten einen für den Deutschen Ärztetag vorgesehenen Antrag vorgelegt, in dem die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) aufgefordert werden soll, das Projekt wie bisher mit jährlich 60.000 Euro zu unterstützen. In der Begründung wird u.a. darauf hingewiesen, dass die KBV über entsprechende Finanzmittel aus dem ehemaligen Vermögen der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschland (KVD) (gemäß Jahresbilanz 2016 ca. 16 Mio. Euro) verfügt. Die Delegiertenversammlung nahm dies zur Kenntnis.
Außerdem mussten noch für fünf Weiterbildungsausschüsse Prüferinnen und Prüfer nachgewählt werden. Die Wahl der vorgeschlagenen Prüfer erfolgte einstimmig. Ebenso einstimmig war die Nachwahl einer Prüferin für die Fachsprachprüfungen.