Verbot sachlicher Information zu Schwangerschaftsabbrüchen kollidiert mit Informationsanspruch

Pressemitteilung

Kammerpräsident Jonitz: "Schwangere Frauen benötigen sachliche Informationen, um zu einer durchdachten und ausgewogenen Entscheidung zu kommen."

Im aktuellen Fall zweier Berliner Gynäkologinnen, denen eine Anklage der Staatsanwaltschaft droht, weil sie auf ihrer Homepage mit einem Satz darauf hinweisen, dass Schwangerschaftsabbrüche Teil der in ihrer Praxis durchgeführten medizinischen Eingriffe sind, betont die Ärztekammer Berlin erneut, dass das bestehende Verbot einer derartigen sachlichen Information mit dem berechtigten Informationsanspruch der schwangeren Frauen kollidiert. Schwangere haben die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben.

In § 219a Absatz 1 StGB wird demjenigen eine Geld- oder Freiheitsstrafe angedroht, der öffentlich „eines Vermögensvorteils wegen“ oder „in grob anstößiger Weise“ Schwangerschaftsabbrüche „anbietet, ankündigt, anpreist“. „Die betroffenen Ärztinnen üben einen freien Beruf in sozialer Verantwortung auf gesetzlicher Grundlage aus. Ein einziger sachlicher Satz, der auf die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs hinweist, zeugt weder von einer finanziellen Motivation der Ärztinnen noch ist er grob anstößig“, erklärt der Präsident der Ärztekammer Berlin, Dr. med. Günther Jonitz und fügt hinzu: „Schwangere Frauen benötigen sachliche Informationen, um zu einer durchdachten und ausgewogenen Entscheidung zu kommen.“

Bereits im Februar dieses Jahres hatte sich die Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, die Abschaffung der Strafbarkeit einer sachlichen Information über die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Arztpraxen und andere ärztliche Einrichtungen zu fordern. Bislang wurde die Gesetzeslage noch nicht geändert.

Eine Ärztin in Hessen war 2017 wegen des Verstoßes gegen § 219a Absatz 1 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Auch sie hatte über ihre Internetpräsenz u. a. die Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen als Teil der in ihrer Praxis durchgeführten medizinischen Eingriffe aufgeführt. Im September geht der Fall voraussichtlich in die Berufungsverhandlung. Daneben sind weitere Verfahren, u. a. Kassel, anhängig.

Die Entschließung der Delegiertenversammlung finden Sie im Wortlaut hier.
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