Vorreiterin und Wegbereiter für das Wohl von Patientinnen und Patienten

Pressemitteilung

Ärztekammer Berlin zeichnet Berliner Patientenbeauftragte Karin Stötzner und Reproduktionsmediziner Prof. Dr. med. Heribert Kentenich mit der Georg-Klemperer-Medaille aus.

„Karin Stötzner hat es verstanden, uns als Ärzteschaft ‚mitzunehmen‘ und nicht ‚gegen uns‘ zu agieren, sondern in gemeinsamer Verantwortung für die Patienten!“, konstatierte Kammerpräsident Dr. med. Günther Jonitz in seiner Laudatio. Stötzner ist am Freitag für ihre hervorragende Arbeit als erste von einem Bundesland berufene Patientenbeauftragte mit der Georg-Klemperer-Medaille der Ärztekammer Berlin ausgezeichnet worden. Der zweite Preisträger des Nachmittags gilt wiederum als einer der Wegbereiter der Reproduktionsmedizin sowie der Psychosomatischen Frauenheilkunde in Deutschland. So verwies Vizepräsidentin Dr. med. Regine Held in ihrer Rede zunächst auf den 40. Geburtstag von Louise Brown, dem weltweit ersten sogenannten Retortenbaby, und erklärte, dass kinderlose Paare früher eigentlich keine andere Möglichkeit hatten, als sich mit ihrem Schicksal abzufinden. Heute sei das Dank Medizinern wie Prof. Dr. med. Heribert Kentenich anders. Denn mittlerweile seien weltweit mehr als acht Millionen Kinder mithilfe einer künstlichen Befruchtung geboren worden. Zudem habe Kentenich die Geburt selbst in den Fokus gerückt und sich als „Wegbereiter für eine selbstbestimmte, familienorientierte Geburtshilfe eingesetzt“, betonte Regine Held.

So sind die diesjährigen Preisträger einerseits Vorreiterin und andererseits Wegbereiter, die sich ganz auf das Wohl der Patientinnen und Patienten konzentrieren. Mit der Auszeichnung von Karin Stötzner ehrt der Vorstand der Ärztekammer Berlin zum zweiten Mal in der mittlerweile zwölfjährigen Geschichte der Verleihung eine Nichtärztin. „Wir brauchen mehr kluge Köpfe in der Gesundheitspolitik und im Gesundheitswesen, die sich FÜR die gemeinsame Sache – eine möglichst gute Versorgung unserer Patientinnen und Patienten, einsetzen!“, bekräftigte Günther Jonitz die Wahl des Vorstandes und ergänzte, dass Karin Stötzner genau dies tue.

Die Georg-Klemperer-Ehrenmedaille ist die höchste Auszeichnung der Ärztekammer Berlin. Sie wird jedes Jahr im Rahmen des Kammertages an Menschen verliehen, die sich durch Tugenden wie wissenschaftlicher Weitblick, Neugier, Mut und Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem, aber auch durch Menschlichkeit und Zuwendung zum Patienten und um das Berliner Gesundheitswesen in herausragender Weise verdient gemacht haben.

Der Vorstand und Geschäftsführer der Ärztekammer Berlin begrüßten an diesem Nachmittag ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter der Kammer sowie zahlreiche Gäste aus dem Gesundheitswesen. Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kolat würdigte die Preisverleihung mit einem Grußwort.

Die Preisträger

Karin Stötzner

Karin Stötzner stammt ursprünglich aus Frankfurt am Main, wo sie auch Soziologie studiert und nach ihrem Abschluss in verschiedenen Bereichen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes gearbeitet hat. 1985 kam sie nach Berlin und übernahm die Leitung der Selbsthilfe Kontakt- und Informationsstelle (SEKIS). In dieser Funktion gestaltete und prägte Karin Stötzner die Berliner Selbsthilfe über 30 Jahre. Dabei war es stets ihr Ziel, Wege zu finden, um mit den Akteuren des Gesundheitssystems ins Gespräch zu kommen und um gehört zu werden. Engagiert und immer präsent hat sie ein kontinuierliches Networking betrieben, sodass es 2004 keine bessere Wahl für die Position der ersten Patientenbeauftragten eines Bundeslandes, für Berlin, gab: Karin Stötzner kannte die Materie, kannte die Akteure und nutzte die Kommunikationsmöglichkeiten.

Ihr Einsatz als Patientenvertreterin war zunächst nur bis zum Ende der Amtsperiode der damaligen Senatorin für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz, Dr. Heidi Knake-Werner, geplant, aber im Laufe der Jahre sind aus der einen vier Legislaturperioden geworden. Mit den Jahren sind auch die Aufgaben der Patientenbeauftragten gewachsen, die ursprünglich „nur“ die Senatorin beraten und die verschiedenen Berliner Aktivitäten zur Patientenorientierung koordinieren sollte. Beispielsweise kam 2011 der Bereich Pflege hinzu, sodass ihr Büro seitdem „offiziell“ die koordinierende Ombudsstelle für Patientinnen und Patienten sowie Pflegebedürftige und deren Angehörige ist. Heute bearbeitet Karin Stötzner gemeinsam mit ihrem dreiköpfigen Team unter anderem die unterschiedlichsten Anliegen von Patientinnen und Patienten, berät die hiesige Politik, engagiert sich für die Vernetzung und Zusammenarbeit mit den Betroffenenverbänden und ist mit Mitglied in verschiedensten Gremien, beispielsweise der Landesgesundheitskonferenz, dem Landespflegeausschuss sowie in Gremien zur ärztlichen Bedarfsplanung und in Ausschüssen zur Qualitätssicherung.

Prof. Dr. med. Heribert Kentenich

Professor Dr. Heribert Kentenich ist in Bergisch-Gladbach aufgewachsen und kam Mitte der 1960er Jahre zum Studium nach Berlin. Nach dessen Abschluss und dem Erhalt der Approbation ging er Ende der 1970er Jahre ans Evangelische Waldkrankenhaus Spandau. Dort sammelte Kentenich erste Erfahrungen im Bereich der damals noch eher jungen, unbeachteten „alternativen Geburtsmedizin“ und promovierte 1983 unter Prof. Dr. Manfred Stauber mit einer Arbeit zum Thema „‘Natürliche Geburt‘ in der Klinik. Zum Verhalten von Frauen während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett“.

Mitte der 1980er Jahre wechselte Heribert Kentenich dann ganz zu Stauber und dessen Arbeitsgruppe an die Universitäts-Frauenklinik in der Charlottenburger Pulsstraße. Dort bauten sie in den Folgejahren die Reproduktionsmedizin auf, wobei für Kentenich die Herangehensweise der Gruppe besonders war: Er und seine Kollegen sahen nicht nur das Neue, das „Retortenbaby“, sondern auch die Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung. Diese stellten sie schon damals in einen umfassenderen Kontext und prüften, wie sich die Entwicklung sowohl unter ethischen als auch unter psychosozialen Aspekten vorantreiben ließ und welche Grenzen es zu beachten galt. 1995 wurde Kentenich Chefarzt der Frauenklinik in Westend, an der er ebenfalls die Reproduktionsmedizin ausbaute und außerdem eine besonders ausgerichtete Geburtsmedizin etablierte. Heute gängige Ansätze wie beispielsweise freundliche, farbenfrohe Geburtsräume statt kalter Kreißsäle oder sogenanntes „Bonding“ nach der Geburt gehörten für den damaligen Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Gynäkologie und Geburtshilfe ebenso zum Arbeitsalltag wie die nach wie vor eher ungewöhnliche Kooperation mit dem Charlottenburger Geburtshaus. Für Kentenich war die ganzheitliche, psychosomatische Betrachtungsweise maßgeblich und er forderte von seinen Mitarbeitern, dass diese bei jedem Patientenkontakt zum Tragen kommt.

Um seine Ideen und Arbeitsschwerpunkte nicht nur praktisch, sondern auch politisch vorantreiben zu können, engagierte und engagiert sich Prof. Kentenich seit vielen Jahren in zahlreichen Gremien, wissenschaftlichen Einrichtungen und Fachgesellschaften, unter anderem in der Ethikkommission der Ärztekammer Berlin, im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer sowie als Vorstandsmitglied (1990-2005) und Präsident (1993-1999) der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Gynäkologie und Geburtshilfe.

Der Namensgeber

Seit 2007 werden von der Ärztekammer Berlin vorbildliche Ärzte im Sinne Georg Klemperers geehrt. Namensgeber der Auszeichnung ist der Berliner Arzt, Forscher, Herausgeber und Hochschullehrer Professor Dr. Georg Klemperer (1865-1946). Der Sohn eines Rabbiners etablierte im Krankenhaus Moabit eine ebenso menschliche wie wissenschaftlich fundierte Medizin. Dazu holte er eine ganze Reihe innovativ denkender und handelnder Ärzte nach Moabit oder bildete diese selbst aus und stellte den kranken Menschen ins Zentrum ärztlichen Handelns. Unter seiner Leitung wurde das Krankenhaus zu einer Klinik mit überregionalem Ruf. 1935 musste Klemperer vor den Nazis in die USA fliehen.

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