Wegweisende Beschlüsse

DV-Bericht

Bericht von der Delegiertenversammlung am 14. April 2021

Die letzte Delegiertenversammlung lag nur einen Monat zurück. Doch Tagesordnungspunkte wie die geänderte Berufsordnung, die Umbenennung der Mitgliederzeitschrift, Nachwahlen für Gremien der Ärztekammer Berlin oder eine Resolution gegen die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens ließen die Standesvertretung zeitnah erneut zusammenkommen.

Mit Blick auf die umfangreiche Tagesordnung kündigte Präsident PD Dr. med. Peter Bobbert (Marburger Bund) eine konzentrierte Versammlungsleitung an. Michael Hahn, Geschäftsführer der Ärztekammer Berlin, klärte anschließend die Versammlung über die Regeln der abermals hybrid stattfindenden Versammlung auf.

Danach wurde ein Protokollergänzungsantrag des Delegierten Dr. med. Philipp Pickerodt (FrAktion Gesundheit) hinsichtlich des Protokolls zur letzten Delegiertenversammlung am 17. März 2021 diskutiert. Pickerodt fand sich im Protokoll mit seinem Wortbeitrag zum Tagesordnungspunkt „Allgemeine Entschädigungsregelung der Ärztekammer Berlin“ nicht zitiert. Es folgte eine Diskussion darüber, ob es nicht sinnvoll wäre, künftig ausführlichere Protokolle zu verfassen. Der Versammlungsleiter ließ dazu abstimmen, mit dem Ergebnis, dass die Protokolle in der derzeitigen Form verbleiben.

Unter dem Tagesordnungspunkt zwei informierte Bobbert darüber, dass für die nächste Delegiertenversammlung am 16. Juni 2021 als zu diskutierendes Schwerpunktthema „Menschenrechte“ vorgeschlagen sei, und dabei insbesondere die Problematik der nicht oder nur unzureichend krankenversicherten Menschen. Er bat die Delegierten, weitere Themen einzureichen. Weiterhin berichtete Bobbert, dass der Vorstand sich dazu entschieden habe, einen Arbeitskreis zum Thema ärztlich assistierter Suizid zu gründen. Hierfür sollten dem Vorstand interessierte Mitglieder aus den Listen benannt werden – je Liste zwei, maximal drei Personen.

Hinsichtlich des 124. Deutschen Ärztetages, der am 4. und 5. Mai 2021 ausschließlich digital stattfand, drückten mehrere Delegierte ihr Bedauern darüber aus, dass der Tagesordnungspunkt Klimaschutz gestrichen wurde. Derzeit sei, so Bobbert weiter, von der Bundesärztekammer geplant, das Thema noch in diesem Jahr auf einem gesonderten Ärztetag aufzugreifen.

Unter dem Tagesordnungspunkt drei wurde die Versammlung über das Ergebnis der geheimen Abstimmung zur Entschädigungsregelung informiert. Die Regelung zur Entschädigung der oder des Präsident:in und der oder des Vizepräsident:in für erheblichen Zeitaufwand musste in geheimer Abstimmung und damit schriftlich erfolgen. Demnach hatten 38 Delegierte an der geheimen Abstimmung für die neue „Entschädigungsregelung Präsident:in und Vizepräsident:in“ teilgenommen. 20 Stimmen konnte Vorschlag 1 auf sich vereinen. Drei Delegierte enthielten sich und 15 Stimmen entfielen auf den Vorschlag 2, der eine geringere Summe vorsah. Hiernach fand die Entschädigungsregelung insgesamt die Zustimmung einer großen Mehrheit der Delegierten. Nach Bekanntgabe im Amtsblatt für Berlin am 30. April 2021 konnte die Regelung rückwirkend zum 1. April 2021 in Kraft treten.

Verankerung bundesrechtlich eingerichteter Ethik-Kommissionen in der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin

Der zur Beschlussfassung vorliegende Antrag auf Änderung der Berufsordnung bezog sich im Wesentlichen auf die Frage, ob bundesrechtlich eingerichtete Ethik-Kommissionen in der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin verankert werden sollen. Nach den geltenden Regelungen müssen sich Kammermitglieder vor der Durchführung eines Forschungsvorhabens am Menschen grundsätzlich von der Ethik-Kommission der Ärztekammer Berlin bzw. der Ethikkommission der Charité – Universitätsmedizin Berlin beraten lassen. Dem Änderungsantrag zufolge sollte der Kreis der beratungsfähigen Ethik-Kommissionen erweitert werden auf nach „Bundesrecht bei einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung gebildete, unabhängige und interdisziplinär besetzte Ethik-Kommissionen“. Die Delegiertenversammlung diskutierte diesen Änderungsantrag vor dem Hintergrund der Absicht des Robert Koch-Instituts (RKI), eine eigene Ethik-Kommission für Forschungsvorhaben einzurichten. Der Versammlungsleiter begrüßte für diese Diskussion als Gäste den Vizepräsidenten des RKI, Prof. Dr. med. Lars Schaade sowie PD Dr. Barbara Buchberger, Advisor Public Health Ethics am RKI. Beide trugen vor, dass man sich durch die Hinzuziehung einer Kommission im eigenen Haus schnellere Entscheidungen zur Durchführbarkeit eigener Forschungsvorhaben verspreche, was insbesondere in pandemischen Situationen wichtig sei, weil es hier ganz besonders auf rasche Erkenntnisgewinne sowie deren praktische Operationalisierung ankomme. Zudem kennzeichneten sich die beim RKI verantworteten Forschungsvorhaben sehr häufig dadurch aus, dass bei ihnen im Verhältnis zu klassisch ärztlichen Forschungsvorhaben ein noch breiterer Einbezug anderer Wissenschaftsdisziplinen stattfinde, was idealerweise auch bei der Besetzung einer Ethik-Kommission zu berücksichtigen sei.

In der an den Vortrag von Schaade anschließenden intensiven Aussprache führten die Delegierten verschiedene Argumente für und wider eine Ethikkommission außerhalb der Kammer an. Mehrfach wurde auf die Notwendigkeit der Unabhängigkeit von Ethik-Kommissionen hingewiesen sowie darauf, dass bei der Prüfung von Forschungsvorhaben Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen sollte. Dem wurde entgegnet, man könne und müsse bei öffentlich-rechtlichen Einrichtungen wie dem RKI davon ausgehen, dass beides abgesichert werde. Schaade und Buchberger wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass diverse andere bei dem RKI eingerichtete Kommissionen ihre Aufgaben sachgerecht und unabhängig wahrnähmen. Christoph Röhrig, Leiter der Abteilung Kammermitgliedschaft/Berufsbildung/EU- und Kammerrecht der Ärztekammer Berlin, erläuterte, dass zum Beispiel beim RKI ebenso wie bei universitären Ethik-Kommissionen die Unabhängigkeit der Kommission von dem Forschungsinteresse der handelnden Personen und Institutionen durch rechtliche Regelungen abgesichert werden könne und müsse. Diese Anforderung sei daher auch in dem vorliegenden Änderungstext formuliert worden. Auf die Frage, wie viele Studien das RKI der Ethikkommission der Ärztekammer zur Prüfung vorgelegt habe, entgegnete er, es seien im letzten halben Jahr fünf gewesen. Insgesamt würde die Anzahl der zu prüfenden Studien derzeit jedoch deutlich ansteigen.

Das heterogene Stimmungsbild in den vielen Wortbeiträgen schlug sich dann auch im Ergebnis der Abstimmung nieder. Mit nur einer Stimme Mehrheit wurde die entsprechende Änderung der Berufsordnung abgelehnt.

Gegen Kommerzialisierung, für umfassende Einbeziehung und mehr Klimaschutz

Anschließend legte der Ausschuss Versorgung der Ärztekammer Berlin der Delegiertenversammlung die überarbeitete Resolution „Freie Berufsausübung in Zeiten der Kommerzialisierung – Forderungen der Ärztekammer Berlin für ein patientenorientiertes Gesundheitswesen“ zur Abstimmung vor. Die Resolution richtet sich gegen die zunehmende Kommerzialisierung in der medizinischen Versorgung. Die Forderung nach einem konsequent patientenorientierten Gesundheitswesen wird in dem Papier bekräftigt und es wurden Maßnahmen formuliert, wie dieses Ziel zu erreichen ist.

Dr. med. Rolf-Jürgen Kühnelt (FrAktion Gesundheit) begrüßte die Resolution und ergänzte, dass die COVID-19-Pandemie schwere Defizite im Gesundheitssystem aufgezeigt habe. Insbesondere der Personalmangel in den Krankenhäusern und im Öffentlichen Gesundheitsdienst sei erdrückend. Dr. med. Klaus-Peter Spies (Allianz Berliner Ärzte – MEDI-Berlin) dankte als Vorsitzender des Unterausschusses Ambulante Versorgung dem gesamten Ausschuss für die konstruktive Zusammenarbeit und hob insbesondere die gelungene Zusammenarbeit mit Dr. med. Thomas Werner (Marburger Bund) bei der Überarbeitung der Resolution hervor. Spies äußerte seine Hoffnung, dass das Papier eine Wirkung entfalten werde. Mit großer Mehrheit wurde die Resolution von der Delegiertenversammlung anschließend beschlossen.

Es folgte der Tagesordnungspunkt zur Umbenennung der Mitgliederzeitschrift der Ärztekammer Berlin, den Niels Löchel, Leiter der Stabsstelle für Gesundheitspolitik / Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, mit einem kurzen Vortrag einleitete. Er informierte die Versammlung über die drei Titelvarianten, die aus den Einsendungen der Kammer-mitglieder im Zuge eines Aufrufs ausgewählt und nun zur Abstimmung gestellt wurden. Löchel ging auf die Vor- und Nachteile der Varianten „Berliner Ärzt:innen“, „Friedrichstraße 16 – Zeitschrift der Berliner Ärzt:innen“ sowie „ÄKB Magazin“ ein. In der anschließenden Diskussion begrüßten viele Delegierte die Umbenennung, sodass sich insgesamt ein äußerst positives Stimmungsbild hinsichtlich dieser Entscheidung ergab.

Präsident Bobbert äußerte seine Meinung, dass „Berliner Ärzt:innen“ die beste Wahl für einen neuen Titel der Mitgliederzeitschrift sei. Damit würde klar zum Ausdruck kommen, an wen sich die Publikation wendet. Sicherlich werden die Kammer nach der Umstellung auch kritische Stimmen erreichen, aber daran könne man sich reiben und den notwendigen und längst überfälligen Diskussionsprozess hierzu führen. Wichtig sei es nun voranzugehen, nur so könne ein deutliches Signal mit Wirkung über Berlin hinaus erzielt werden.

Dr. med. Klaus Thierse (Marburger Bund) regte an, die Mitgliederzeitschrift in Anlehnung an die Publikation der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin schlicht „ÄKB Blatt“ zu nennen, und stellte dafür einen Antrag. Dr. med. Christian Messer (Allianz Berliner Ärzte – MEDI-Berlin) stellte zudem den Antrag, die Namensvariante mit Gendersternchen (Berliner Ärzt*innen) abstimmen zu lassen. Und Dr. med. Wolfgang Kreischer (Hausärzte in Berlin) schlug vor, dass man den Titel „Friedrichstraße 16“ zumindest für eine Rubrik im Heft nutzen könne, falls er nicht gewählt werden sollte. Diesen Vorschlag würde er als Anregung gerne mitnehmen, sagte Löchel. In der anschließenden Abstimmung konnte sich die Titelvariante „Berliner Ärzt:innen“ letztlich mit großer Mehrheit von 28 zu 4 beziehungsweise 5 Stimmen für die Varianten 2 und 3 durchsetzen.

Zum Abschluss der Versammlung stand die gemeinsame Erklärung der Landesärztekammern und der Bundesärztekammer „Klimaneutrale Ärztekammern bis 2030“ zur Abstimmung. Sie wurde mit großer Mehrheit angenommen. Hinsichtlich der letzten beiden Unterpunkte stimmten die Delegierten aufgrund der abermals fortgeschrittenen Zeit jedoch mehrheitlich für eine Vertagung.

Ole Eggert

Die kommende Delegiertenversammlung findet am 16. Juni 2021 statt.