Die Zahl der Behandlungsfehlervorwürfe in Berlin ist auf dem niedrigen Niveau des Vorjahres geblieben. Im Jahr 2016 gingen 503 neue Vorwürfe aus dem Bereich der Ärztekammer Berlin bei der gemeinsamen Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern in Hannover ein (2015: 498 Anträge). Zuvor war die Zahl der Vorwürfe zwei Jahre in Folge gesunken. Von diesen Anträgen und den noch nicht abschließend entschiedenen Fällen aus den Vorjahren konnten 484 Fälle erledigt werden. In 220 Fällen konnte das Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt werden, weil die Verfahrens-voraussetzungen nicht vorlagen (u. a. Nichtzuständigkeit, fehlende Zustimmung der Antragsgegner, Antragsrücknahme, anhängige Zivil- oder Strafprozesse).
Anlässlich der heute vorgestellten bundesweiten Behandlungsfehler-Statistik ist der Präsident der Ärztekammer Berlin, Dr. med. Günther Jonitz, erfreut, dass das für die Patienten kostenfreie, außergerichtliche Schlichtungsverfahren so gut angenommen wird und hohe Akzeptanz findet. „Das sieht man auch daran, dass die Anerkennung eines Behandlungsfehlers durch die Gutachter von den Beteiligten zu rund 90 % akzeptiert wird“, erklärte Jonitz.
Berliner Behandlungsfehlerstatistik 2012 - 2016*
2012 | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | |
Bestand aus dem Vorjahr | 460 | 416 | 457 | 488 | 452 |
Neueingänge | 484 | 561 | 515 | 498 | 503 |
Erledigungen | 528 | 520 | 484 | 534 | 484 |
Wegen fehlender Verfahrensvoraussetzungen keine Prüfung möglich | 197 | 209 | 206 | 239 | 220 |
Geprüfte Fälle | 331 | 311 | 278 | 295 | 264 |
Davon begründete Ansprüche | 92 | 97 | 77 | 86 | 67 |
Behandlungsfehlerquote bei den geprüften Fällen | 27,79% | 31,19% | 27,70% | 29,15% | 25,38% |
Kein Nachweis für schuldhaften Behandlungsfehler | 239 | 214 | 201 | 209 | 197 |
*auf Basis der durch die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen untersuchten Fälle.
Das Ergebnis der Auswertung der Behandlungsorte (Versorgungsebenen) zeigt, dass die Fälle mit 73,9 % aus dem Klinikbereich (ambulant/stationär, Belegärzte, Rehabilitations-einrichtungen) stammen, während der niedergelassene Bereich (auch Medizinische Versorgungszentren) mit 26,1 % beteiligt war.
Die häufigsten Diagnosen, die 2016 in Berlin zur Anrufung der Schlichtungsstelle führten, waren Arthrosen, Zehen-/ Fingerdeformitäten, degenerative Kniebinnenschäden sowie Frakturen (Schulter und Oberarm sowie Hand und Handgelenk).Im Klinikbereich und im niedergelassenen Bereich sind unterschiedliche Fehlerarten festzustellen:
Fehlerschwerpunkte im niedergelassenen Bereich lagen bei der operativen Therapie (Durchführung) mit 19,0 %, der bildgebenden Diagnostik mit 16,7 %, der allgemeinen Diagnostik (Labor/Zusatzuntersuchungen 11,9 %, Anamnese/ Untersuchung 7,1 %) sowie in der Pharmakotherapie und in der Indikationsstellung (jeweils 9,5 %). Die am häufigsten beteiligten Fachgebiete im niedergelassenen Bereich waren 2016 die Unfallchirurgie/Orthopädie mit 32,1 %, die hausärztliche Tätigkeit mit 13,6 %, die Frauenheilkunde mit 8,6 %, die Allgemeinchirurgie mit 7,4 %, die Augenheilkunde mit 4,9 % sowie die Kardiologie mit 3,7 %.
Fehlerschwerpunkte im Klinikbereich lagen bei der operativen Therapie (Durchführung) mit 27,6 %, in der Indikationsstellung mit 15,8 %, der allgemeinen Diagnostik (bildgebende Verfahren 11,8 %, Anamnese/Untersuchung 10,5 %, Labor/Zusatzuntersuchungen 3,9 %) sowie mit 6,6 % in der Pharmakotherapie. Die am häufigsten beteiligten Fachgebiete 2016 im Klinikbereich waren die Unfallchirurgie/ Orthopädie mit 31 % und die Allgemeinchirurgie mit 10,5 %, die Innere Medizin, die Frauenheilkunde, Neurochirurgie, HNO mit jeweils unter 10 %.
Hintergrund
Behandlungsfehlervorwürfe, die in die Zuständigkeit der Ärztekammer Berlin fallen, können über ein für die Patienten kostenfreies außergerichtliches Schlichtungsverfahren abgeklärt werden. Durchgeführt wird es von der gemeinsamen Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern in Hannover. Diese Einrichtung wird von den Ärztekammern Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen gemeinsam getragen.
Voraussetzung für die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ist zunächst die Zustimmung des betroffenen Patienten, des Haftpflichtversicherers und des betroffenen Arztes oder des Krankenhausträgers. Eine Kommission, die mindestens aus einem ärztlichen und einem juristischen Mitglied besteht, prüft den medizinischen Sachverhalt der beanstandeten Behandlung auf Grundlage beigezogener Krankenunterlagen. Grundsätzlich ist die Einholung eines externen Sachverständigengutachtens vorgesehen. Abgeschlossen wird das Verfahren mit einer Entscheidung, die sowohl das Ergebnis der medizinischen Begutachtung als auch das der juristischen Prüfung einbezieht. Dies unterscheidet das Verfahren der norddeutschen Schlichtungsstelle von anderen Schlichtungsverfahren. In geeigneten Fällen kann ein Regulierungsvorschlag unterbreitet werden. Dem Patienten steht danach noch der Rechtsweg offen. Verjährungsfristen werden durch das Schlichtungsverfahren nicht beeinflusst.
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