Die Zahl der Behandlungsfehlervorwürfe in Berlin ist im zweiten Jahr in Folge leicht gesunken. Im Jahr 2015 gingen 498 neue Vorwürfe aus dem Bereich der Ärztekammer Berlin bei der gemeinsamen Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern in Hannover ein (2014: 515 Anträge). Von diesen Anträgen und den noch nicht abschließend entschiedenen Fällen aus den Vorjahren konnten 534 Fälle erledigt werden. In 239 Fällen konnte das Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt werden, weil die Verfahrensvoraussetzungen nicht vorlagen (u. a. Nichtzuständigkeit, fehlende Zustimmung der Antragsgegner, Antragsrücknahme, anhängige Zivil- oder Strafprozesse).
Von den verbliebenen 295 geprüften Fällen wurden 86 mit der Anerkennung eines Behandlungsfehlers abgeschlossen, in 209 Fällen wurde die Anerkennung abgelehnt. Das entspricht einer Anerkennungsquote von 29,15 Prozent (2014: 27,7 Prozent). 452 Fälle aus dem Bereich der Ärztekammer Berlin konnten 2015 von der Schlichtungsstelle nicht abschließend bearbeitet werden, sodass sie mit in dieses Jahr übernommen werden.
Der Präsident der Ärztekammer Berlin, Dr. med. Günther Jonitz, zeigt sich anlässlich der heute vorgestellten bundesweiten Behandlungsfehler-Statistik erfreut, dass das für die Patienten kostenfreie, außergerichtliche Schlichtungsverfahren weiterhin gut angenommen wird.
Berliner Behandlungsfehlerstatistik 2011 - 2015*
2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | |
Bestand aus dem Vorjahr | 474 | 460 | 416 | 457 | 488 |
Neueingänge | 549 | 484 | 561 | 515 | 498 |
Erledigungen | 563 | 528 | 520 | 484 | 534 |
Wegen fehlender Verfahrensvoraussetzungen keine Prüfung möglich | 223 | 197 | 209 | 206 | 239 |
Geprüfte Fälle | 340 | 331 | 311 | 278 | 295 |
Davon begründete Ansprüche | 117 | 92 | 97 | 77 | 86 |
Behandlungsfehlerquote bei den geprüften Fällen | 34,41 % | 27,79 % | 31,19 % | 27,70 % | 29,15 % |
Kein Nachweis für schuldhaften Behandlungsfehler | 223 | 239 | 214 | 201 | 209 |
*auf Basis der durch die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen untersuchten Fälle.
Die häufigsten Diagnosen, die 2015 in Berlin zur Anrufung der Schlichtungsstelle führten, waren Arthrosen, Zehen-/Fingerdeformitäten, traumatische Kniebinnenschäden und Frakturen. Im Klinikbereich und im niedergelassenen Bereich sind unterschiedliche Fehlerarten festzustellen:
Fehlerschwerpunkte im niedergelassenen Bereich lagen bei der Diagnostik (bildgebende Verfahren) mit 25 % und der operativen Therapie (Durchführung 14,3 %, Verfahrenswahl 10,7 %) sowie im Bereich der allgemeinen Diagnostik (Anamnese/Untersuchung) mit 10,7 %. Die am häufigsten beteiligten Fachgebiete 2015 waren die Unfallchirurgie/Orthopädie mit 34,1 %, die hausärztliche Tätigkeit mit 12,9 %, die Frauenheilkunde mit 10,6 %, die Augenheilkunde, die Radiologie und Kinder-/Jugendmedizin mit jeweils unter 10 %.
Fehlerschwerpunkte im Klinikbereich lagen bei der operativen Therapie (Durchführung) mit 30,1 %, der allgemeinen Diagnostik (bildgebende Verfahren 12,9 %, Labor/ Zusatzuntersuchungen 5,4 %, Anamnese/Untersuchung 4,3 %) sowie mit jeweils 9,7 % in der Indikationsstellung und Pharmakotherapie. Die am häufigsten beteiligten Fachgebiete 2015 im Klinikbereich waren die Unfallchirurgie/Orthopädie mit 36 % und die Allgemeinchirurgie mit 13,4 %, die Innere Medizin, die Frauenheilkunde, Neurochirurgie und die Handchirurgie mit jeweils unter 10 %.
Hintergrund
Behandlungsfehlervorwürfe, die in die Zuständigkeit der Ärztekammer Berlin fallen, können über ein für die Patienten kostenfreies außergerichtliches Schlichtungsverfahren abgeklärt werden. Durchgeführt wird es von der gemeinsamen Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern in Hannover. Diese Einrichtung wird von den Ärztekammern Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen gemeinsam getragen.
Voraussetzung für die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ist zunächst die Zustimmung des betroffenen Patienten, des Haftpflichtversicherers und des betroffenen Arztes oder des Krankenhausträgers. Eine Kommission, die mindestens aus einem ärztlichen und einem juristischen Mitglied besteht, prüft den medizinischen Sachverhalt der beanstandeten Behandlung auf Grundlage beigezogener Krankenunterlagen. Grundsätzlich ist die Einholung eines externen Sachverständigengutachtens vorgesehen. Abgeschlossen wird das Verfahren mit einer Entscheidung, die sowohl das Ergebnis der medizinischen Begutachtung als auch das der juristischen Prüfung einbezieht. In geeigneten Fällen kann ein Regulierungsvorschlag unterbreitet werden.
CIRS-Berlin
Zur Vermeidung von fehlerhaften Behandlungen betreut die Ärztekammer Berlin zusammen mit dem Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) das berlinweite Fehlerberichts- und Lernsystem CIRS-Berlin. An ihm beteiligen sich derzeit 27 Krankenhäuser im Raum Berlin, indem sie nicht nur intern ein CIRS (Critical Incident Reporting System) betreiben, sondern aus ihrem internen in das regionale Berichtssystem berichten. In anonymisierter Form werden im Netzwerk CIRS-Berlin Berichte über kritische Ereignisse und Beinahe-Schäden gesammelt. Ziel ist es, das gemeinsame Lernen aus Fehlern zu fördern und beim Lernen nicht an Klinikgrenzen halt zu machen.
Weitere Informationen: www.cirs-berlin.de
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