Forschungsarbeiten zeigen: Einsame Menschen leiden häufiger unter psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angsterkrankungen als andere. Einige Studien zeigen aber auch Auswirkungen auf die physische Gesundheit, insbesondere auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine in der Fachzeitschrift „BMJ Open“ veröffentlichte Studie der Universität Münster hat Hinweise geliefert, dass einsame Menschen unter anderem häufiger Herzerkrankungen und Schlaganfälle erleiden und öfter von Gebrechlichkeit und Unterernährung betroffen sind.
„Einsamkeit ist etwas anderes als Alleinsein“, erklärt PD Dr. med. Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin. „Es wird subjektiv als belastend empfunden und ruft auf Dauer Stress hervor – verbunden mit allen schädlichen Konsequenzen für die Gesundheit.“
Dennoch sprechen nur die wenigsten Betroffenen über ihre Einsamkeit. „Wir Ärzt:innen können auf Anzeichen von Einsamkeit achten oder gezielt danach fragen“, so Bobbert. Vor allem Hausärzt:innen werden am ehesten mit dem Thema konfrontiert. Sie können dann auf Hilfsangebote hinweisen. „Dies zeigt, wie wichtig das ambulante ärztliche – insbesondere hausärztliche – Angebot ist, da hier ein persönlicher und vertrauensvoller Kontakt hergestellt werden kann“, so Bobbert. Allerdings brauche es für solche Gespräche auch genügend Zeit, die entsprechend vergütet wird. Fehlende Finanzierung und überbordende Bürokratie stehen dem oft im Wege.
Viele junge Menschen betroffen
Entgegen der verbreiteten Vermutung, dass vor allem ältere Menschen von Einsamkeit betroffen sind, zieht sich das Problem durch die gesamte Gesellschaft. Laut Einsamkeitsbarometer des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend betrugen die Einsamkeitsbelastungen im Jahr 2021 bei den 18- bis 29-Jährigen 14,1 Prozent, bei den 30- bis 50-Jährigen 12,3 Prozent, bei den 51- bis 75-Jährigen 9,8 Prozent und bei Menschen ab 75 Jahren 10,2 Prozent. Es zeigte sich auch, dass diejenigen, die intensive Care-Arbeit, zum Beispiel bei der Pflege von Angehörigen, leisteten, stärker von Einsamkeit betroffen waren als andere – ebenso Menschen mit Migrations‐ und/oder Fluchterfahrung.
„Wichtig ist das Erkennen und das Ansprechen der Probleme. Das gilt für Ärztinnen und Ärzte, aber natürlich auch für alle anderen Mitmenschen wie Angehörige, Nachbarinnen und Nachbarn oder Kolleginnen und Kollegen“, betont Dr. med. Matthias Blöchle, Vizepräsident der Ärztekammer Berlin. „Auch die Politik muss sich mehr um das Thema kümmern. Kiez-Treffpunkte zu erhalten und die kostenlose Teilnahme an Veranstaltungen zu ermöglichen, sind dabei wichtige Punkte. Zugleich muss aber auch die Forschung gefördert werden, um die gesundheitlichen Auswirkungen von Einsamkeit noch besser zu verstehen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln“, so Blöchle.
Soziales Rezept als Lösung?
Mit ihrer „Strategie gegen Einsamkeit“ setzt sich die Bundesregierung seit 2022 für die Aufklärung über Einsamkeit, die Entwicklung von Hilfsangeboten und die Erforschung des Themas ein. In anderen Ländern geht man sogar schon weiter. So gibt es in England mittlerweile das sogenannte Soziale Rezept gegen Einsamkeit. Dabei überweisen Hausärzt:innen ihre Patient:innen an geschulte Fachkräfte, sogenannte Link Worker. Diese vermitteln die Patient:innen gezielt an Gruppen, Kurse oder soziale Dienstleistungen. Die Effekte des Sozialen Rezepts werden derzeit unter Federführung der Charité – Universitätsmedizin Berlin von einer internationalen Forschungsgruppe untersucht.
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